Freitag, 13. September 2013

Luxus

Fast ein halbes Jahr ist es nun schon her, dass wir den südamerikanischen Kontinent verlassen haben und seitdem sind wir in der Inselwelt der Südsee unterwegs. Palmen, Strand, türkisblaues Wasser und sehr, sehr viel Zeit… das gibt es für uns seitdem im Überfluss. Und weil das zuhause als der Inbegriff von Luxus gilt, scheinen viele zu denken viele wir leben hier in Saus und Braus. Emails an uns beginnen mit den Worten „ihr sitzt sicher gerade am Strand und schlürft einen Fruchtcocktail…“ – Ja ja, schön wär’s!

Viele scheinen nicht zu wissen, dass auf den flachen Inseln der Südsee außer Kokosnuss praktisch  nichts angebaut werden kann. Auf den höheren Vulkaninseln ist Ackerbau zwar theoretisch möglich. Aber die Plätze sind rar, wo der Boden eben genug ist. Außerdem fehlt dann oft das nötige Wasser. Das Obst und Gemüse was unter diesen schwierigen Bedingungen hier in der Südsee wächst, ist für den Eigenbedarf bestimmt und selbst wenn die Insulaner davon etwas verkaufen, dann wissen sie wie rar ihr Produkt ist und rufen entsprechende Preise auf.

Im Prinzip ist also alles, wirklich ALLES, was man hier in der Südsee konsumiert, per Schiff und/oder Flugzeug importiert. Je nachdem wie abgelegen man unterwegs, steigt die Anzahl der Schiffe und Flugzeuge, die für den Transport der Güter notwendig waren und damit auch die Zeit, die die Ware unterwegs ist. Eine ununterbrochene Kühlkette ist jenseits der ganz großen Inseln nicht mehr möglich, bzw. unbezahlbar. Das schränkt die Auswahl der Waren in den Läden weiter ein und der Preis… ja der Preis!

Reden wir mal bitte nicht von frischen Früchten - das ist ohnehin völlig illusorisch! Bleiben wir bei den Grundnahrungsmitteln. Ein kleines Glas Nutella hat auf den Tuamotus €7,- gekostet, eine Dose Bier €2,50. Eine Packung Corn Flakes kostet auf Samoa €10,-. Nur mal so als Hausnummer. Das ist der Grund, warum die Einheimischen praktisch ausschließlich von Fisch und Kokosnuss leben - die einzigen Lebensmittel, die hier günstig sind. Aber auch Fisch ist nicht mehr unproblematisch, weil dank der Perlenzuchten viele Atolle mit der Ciguatera-Alge belastet sind, welche die einfach zu fangenden Rifffische für den Menschen giftig macht. Der Hochseefischbestand ist jedoch von den asiatischen Fangflotten so stark dezimiert, dass es den Insulanern bereits schwer fällt Thunfische oder Makrelen zu fangen.

Ich bin sicher, dass die Gäste in den Vielsterne-Luxus-Hotels von diesen Problemen im Paradies  keinen blassen Dunst haben und gern jeden Abend ihren Fruchtcocktail am Strand schlürfen. Natürlich kostet so ein Tag in einer kleinen palmenblattgedeckte Standardreihenbambushütte auf türkisblauem Wasser mal eben $2.000,- aufwärts. Die geräumigere und privat gelegenere Honeymoon-Hütte schlägt mit schlappen $10.000,- pro Tag zu. Bei diesen Preisen fallen natürlich zwanzig Dollar für ein kühles Glas importierten Fruchtsaftcocktail auf der Zimmerrechnung nicht weiter auf. Wir Segler trinken stattdessen unser selbstgemachtes Wasser was wir mithilfe von Solarstrom in der Meerwasserentsalzungsanlage gewinnen und reichern dieses mit Mineralstoffen in Pillenform und Bier in homöopathischer Dosis an.

Tatsächlich haben sich fast alle unsere Besucher nach ein paar Wochen in der Südsee sehr auf ihren Supermarkt zuhause gefreut und auch auf Ali, den freundlichen Dönermann an der Ecke. Diese beide im Verbund scheinen die Gelüste unserer Freunde effizienter befriedigen zu können, als wir das hier auf Alita in der wunderschönen Fototapeten Landschaft der Südsee vermögen.

Da sieht man mal wieder, wie relativ das Leben ist. In Deutschland ist der polynesische Palmenstrand Luxus. Bei uns, an eben diesem Strand, wäre ein ganz normaler Aldi fast wie das Paradies. Warum ist es nur so, dass der Rasen beim verdammten Nachbarn immer so viel grüner ist!
Fruchtcocktail hin oder her - wir sind in den letzten Wochen recht luxuriös durch die Cook Inseln gesegelt, haben es uns auch ohne Aldi im himmlischen Aitutaki und im sagenumwobenen Suwarrow gut gehen lassen. Gestern sind wir dann in Apia auf West Samoa angekommen, was früher mal deutsche Kolonie war. Die germanischen Wurzeln kann man immer noch deutlich spüren, an der außerordentlich aufwändigen Bürokratie bei der Einreise. Hier müssen fünf Behörden an Bord kommen und solange nicht alle da waren und mit allem glücklich sind, darf eigentlich keiner der Besatzung von Bord gehen. Ich sage eigentlich, weil die Samoaner, obwohl sie sehr bürokratisch sind, auch sehr menschlich sind. Und so bekommt man als Kapitän eben eine kleine Rüge, wenn sie dich dreißig Stunden nach der Ankunft alleine an Bord antreffen, weil die Crew, die in wenigen Tagen nach Deutschland zurückfliegt, natürlich längst die Insel besichtigt, weil sie keine Zeit für die lästigen Buchstaben des Gesetztes hat. Man muss sie einfach gern haben!