Samstag, 22. August 2015

Der Drache Yassur

Inzwischen sind wir auf den südlichen Inseln Vanuatus und haben etwas mehr von Land und Leuten gesehen. Nach wie vor bin ich schwer beeindruckt, wie lebensfroh diese Menschen mit der Katastrophe umgehen, die Ihnen der Wirbelsturm beschert hat.

Aneityum, die südlichste Insel, ist im Zentrum Anelghowaht auf der südwestlichen Seite der Insel von schlimmen Schäden größtenteils verschont geblieben, da sie von Wirbelsturm nicht mehr voll getroffen wurden. Man kann um Mystery Island nach wie vor prima Schnorcheln und Tauchen.

Die nördliche und östliche Küste der Insel  hat jedoch unter den turmhohen Wellen schwer zu leiden gehabt. Sowohl in Strandnähe an Land als auch unter Wasser hat der Sturm verheerende Schäden hinterlassen. Das „ehemalige“ Unterwasserschutzgebiet bei Anawamet ist gänzlich zerstört. Wir waren dort Tauchen und haben in tieferem Wasser kaum eine lebende Koralle vorgefunden. Der ganze Seeboden auf zwanzig Meter Tiefe ist mit Korallenbruchstücken dick übersäht, als wäre das Riff durch einen Schredder gedreht worden. Das Meer dort muss unglaublich getobt haben. So stark dass dort sogar ein Potwal ums Leben kam und dort an den Strand gespült wurde. In seichterem Wasser hinter dem Riff sind die Korallenblöcke noch gut erhalten, so dass sich das Schnorcheln und das Beobachten der Schildkröten noch immer lohnt – nur nicht mehr zum Tauchen.

Ganz anders ist das Bild auf Tanna, eine Insel weiter nördlich. Dort ist der Sturm fast direkt darüber gezogen und die großen Schäden beschränken sich nicht nur auf die Küstengebiete. Wir sind gestern von Port Resolution auf der Ostseite von Tanna, quer über die ganze Insel nach Tenakel auf der Westseite gefahren und haben auf dem ganzen Weg kaum ein einziges Haus gesehen, das nicht vom Sturm beschädigt bzw. zerstört wurde. Die Aufräumarbeiten sind schon sehr weit fortgeschritten und das Leben geht größtenteils wieder seinen Gang, aber überall sind noch die Reste der umgestürzten Bäume, Zelte der Hilfsorganisationen, behelfsmässige Wasser und Stromleitungen zu sehen und die Straße ist in katastrophalem Zustand.

Die Entwicklung des Landes ist von dem Sturm sicherlich um Jahre zurückgeworfen. Viele der kleinen Errungenschaften und Annehmlichkeiten, die sich die Insulaner hart erarbeitet haben, sind verloren. Bei uns in Europa würden wir angesichts dieser Schäden überall deprimierte und verzweifelte Gesichter sehen. Ganz anders in Vanuatu. Hier hört man neben Hämmern und Sägen, überall lautes Lachen und sieht freundliche Gesichter. Ich weiß, ich wiederhole mich… aber jeden Tag wieder beindruckt mich diese lebensfrohe, auf Gott vertrauende Lebenseinstellung.
Alles auf Tanna jedoch ist nicht zerstört. Der Einzige, der hier auf Tanna vom Sturm völlig verschont geblieben ist, das ist der Vulkan Yassur – der große Touristenmagnet der Insel. Er steht völlig unverändert und unbeeindruckt und spuckt regelmässig Feuer.

Den Krater des Vulkans erreicht man entweder zu Fuß in 45 Minuten – oder man lässt sich mit einem geländgängigen Fahrzeug bis fast ganz nach oben fahren. Egal wie man den Gipfel erklimmt, das Fauchen und Donnern des Vulkans, das den Boden unter den Füßen erzittern lässt, wird mit jedem Meter lauter. Es hört sich so an, als würden Drachen in der Tiefe einen Kampf ausfechten und schon in großer Entfernung zum Kraterrand kann man immer wieder Lavabrocken in den Himmel fliegen sehen.


Verständlich, dass man sich solchen Naturgewalten nur langsam und vorsichtig nähert – vor Allem wenn man gehört hat, dass gerade Vulkanwarnstufe 3 herrscht und im Reiseführer steht, dass man bei dieser Warnstufe besser nicht mehr hinauf geht.

Aber der Einheimische ist da völlig entspannt. Es wird schon nichts passieren meint er, und die Statisitik ist auf seiner Seite. Von den vielen tausenden Menschen die den Yassur jeden Monat besuchen, sind im Verlauf der Jahre nur vier tödlich verunglückt. Also statistisch gesehen, ist man dort oben ganz sicher…


Es dauert jedoch eine ganze Weile, bis man der Statistik Vertrauen schenkt. Zu Anfang schreckt man bei jeder donnernden Explosion des Kraters zusammen und muss sich zurückhalten nicht die Beine in die Hand zu nehmen und schreiend die Flucht zu ergreifen. Doch je länger man dort oben ist und auf den Sonnenuntergang wartet, desto sicherer fühlt man sich. Langsam und allmählich wagt man sich immer weiter hinüber auf die andere Seite des Kraters, von wo man direkt in den Kraterschlund blicken kann – in das rote Auge des Vulkans, das mit Einbruch der Dunkelheit glühend zu leuchten beginnt, als würde es zurückblicken.

Nachts ist der Yassur schlichtweg beindruckend und die Schönheit des Schauspiels macht die Gefahr fasst vergessen. Es ist schwer zu beschreiben, wie so eine Eruption aussieht bzw sich anfühlt, denn es sind alle Sinne involviert. Es beginnt mit einem rotglühenden Blitz, kurz danach erreicht Dich der Knall der Explosion und dann folgt ein gewaltiges Geräusch, das sich aus Donnern, Gröllen, Röhren zusammensetzt.

Der ganze Boden erzittert und die glühende Lava schießt in den Himmel, begleitet von einem satten Zischen und Fauchen, das über viele Sekunden anhält, die sich wie Minuten anfühlen.

Während die Lavabrocken aus vielen hundert Metern Höhe wieder langsam zum Krater zurückfallen bläst einem der Atem des Vulkans entgegen, warm und schweflig.

Der Vergleich mit einem Drachen ist nicht weit hergeholt, denn es wirkt wirklich so, als hause dort unten ein gewaltig großes, ziemlich wütendes Biest mit dem man sich besser nicht anlegen sollte.

Sonntag, 9. August 2015

Glücklich ist, wer trotzdem lacht

Wir hatten noch schöne Tage im Süden und Westen von Fidschi, sind etwas getaucht, haben die Sonne genossen und waren viel öfter als üblich an der Strandbar. Letzteres liegt vor Allem daran, dass man an der Strandbar in Musket Cove  - ähnlich wie im deutschen Biergarten - sein Essen mitbringen kann. Es gibt dort vier öffentliche Grillstellen und man wird mit Tellern und Besteck versorgt. Kein dummes Geschäftskonzept, denn weil  die Segler auf diese Weise nicht an Bord abspülen müssen, kommen sie in Scharen abends zum Essen an die Bar und konsumieren viele Getränke. Eine typische Win-Win-Situation, außer für die Gehirnzellen, die am erhöhten Alkoholspiegel  leiden.

Inzwischen haben wir Musket Cove verlassen und sind nach einer etwas unangenehmen Überfahrt mit blöder Kreuzsee vor ein paar Tagen in Vanuatu angekommen – seit einem Jahr das erste neue Land, das wir besuchen, denn Neuseeland und Fidschi sind ja nun schon fast ein neues Zuhause für uns.

Was wir bisher von Land und Leuten gesehen haben ist  sehr vielversprechend. Obwohl die Schäden vom Tropensturm Pam noch allgegenwärtig sind, geht das Leben hier schon wieder seinen gewohnten Lauf. Die Menschen hier sind einfach genial. Sie sagen: Ja, der Sturm war schlimm.  Es gab viel aufzuräumen. Und ja, es ist ein bisschen blöd, so ohne Dach auf dem Haus. Aber sie lassen sich vom Glücklich sein nicht so leicht abbringen und lachen trotzdem.

Ein Wermutstropfen ist, dass Michaela heute Richtung Deutschland abgeflogen ist. Sie hat ein gutes Jobangebot an Land gezogen - ein schönes Projekt, das sie nicht ablehnen konnte. So müssen wir die nächsten zwei Monate ohne sie Segeln – aber wir halten es einfach so wie die Vanuater und lassen uns vom Glücklich sein nicht abhalten.