Donnerstag, 31. Januar 2013

Auf Darwins Spuren

Es war ein schöner Aufenthalt in Ushuaia. Die Stadt selbst ist zwar nicht gerade hübsch, aber das umgebende Feuerland ist einfach einzigartig mit seinen roten Wiesen und dem rotem Moos, den weiten, bunten Blumenwiesen die sich in den von Gletschern eingebetteten Moortälern erstrecken. Die Landschaft hier hat etwas zauberhaft mystisches, nicht zuletzt durch die dichten Flechtenweben, die überall von den Bäumen hängen und auch durch die Lichtungen voller weißer Baumstümpfe, die von Biberschäden hervorrühren.

Neben dem Sightseeing gab es auf Alitanien wieder viel zu tun auf. Die Toilettenpumpe war auf der Reise hierher kaputt gegangen und nach gefühlten hundert provisorischen Reparaturen unterwegs, war es mein dringlichster Wunsch dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Wir haben ein paar neue Teile Drehen lassen und nun ist die Pumpe besser als zuvor.

Außerdem machten die Spanner des Zahnriemens in meinem Volvo Motor ein komisches Geräusch, das nun wieder weg ist - dank eines teueren Mechanikers und neu gefetteten Kugellagern.

Was wir leider nicht reparieren konnten, war das Getriebe unseres teuren VIP150 Bugstrahlruders. Die Firma wurde erst vor Kurzem aus der Konkursmasse des Dachkonzerns gerettet und kann derzeit noch keine Ersatzteile liefern. Mist! Ich hoffe, dass sich dieses Problem bis zum Erreichen des Trockendock in Valparaiso löst.

Ansonsten muss ich mich mal wieder über die Falschmeldungen aufregen, die auf den einschlägigen Chatsites der Weltumsegler kursieren. Ich weiß nicht was jemanden dazu bewegt seine Mitsegler mit Beiträgen zu "beraten", die schlichtweg falsch sind. So kann man dort z.B. lesen, dass Argentinien sehr teuer ist - ganz besonders Ushuaia, wo die Löhne angeblich viermal so hoch sind, wie im Rest der Welt.

Wir haben in Ushuaia nur Argentinier getroffen, die dort hingezogen sind, weil das Leben dort billiger ist. Ich weiß auch nicht, wo dieser Segler bisher unterwegs war, aber verglichen mit Europa, Cap Verden und Brasilien und auch Chile sind die Preise in ganz Argentinien inklusive Ushuaia recht günstig. Unsere Bordkasse war noch nie schmaler. Ferner empfiehlt der nette Mann in Pto. Williams einzukaufen (wo es drei Tante Emma Läden gibt, die empfindlich teurer sind) und nicht in Ushuaia (wo die großen, gut sortierte und günstigen Supermärkte sind).

Zum Glück geben wir inzwischen keinen grünen Pfifferling mehr auf das Gewäsch, was auf dieser "Mittags-Klatsch-Seite" zu lesen ist und haben bereits in Argentinien vollgebunkert. Das war eine weise Entscheidung.

Ferner konnten wir in einem anderen Beitrag auf der gleichen Website lesen, dass die Prefectura Naval in Ushuaia besonders zickig wäre und vielen Yachten ungerechtfertigt hohe Strafen aufbrummen, weil sie angeblich illegales Charterbusiness betreiben.

Nun bin ich nicht gerade ein Freund der Prefectura, die meines Erachtens hauptsächlich dafür existiert die hohe Arbeitslosenquote in Argentinien zu reduzieren. Aber so nervig und sinnlos die Auflagen dieser Behörde auch sein mögen und so sehr jeder vernünftige Mensch, der an seinem Leben hängt, inständig hofft, dass er im Seenotfall niemals auf diese Chaostruppe angewiesen ist, so muss man trotzdem sagen, dass die Beamten der Prefectura überall höflich und korrekt zu uns waren - oft sogar freundlich und überaus hilfsbereit.

Entgegen anderer Gerüchte im Seglerweb ist es auch kein Problem seine Position einmal täglich an die Behörden durchzugeben, denn alle Wege (VHF, HF, Email) funktionieren einwandfrei. Wenn man natürlich außerhalb der UKW-Reichweite der Küste fährt und es nur auf Kanal 16 probiert, oder die Emailadresse falsch abschreibt, dann muss man sich nicht wundern, dass man später Ärger bekommt. Auch in Ushuaia hatten wir nicht das geringste Problem, weder beim Ein- noch beim Ausklarieren, obwohl wir dort einen Crewwechsel hatten.

Natürlich darf es keinen Skipper wundern, dass der Staat in dem man segelt eine Art "Steuer" erhebt, wenn man mit wechselnder Crew dort ständig aus- und einfährt. Irgendwann glaubt keiner mehr, dass man das rein zum Vergnügen betreibt. Ganz ehrlich gesagt, ich auch nicht!

Wo wir dann leichte Probleme hatten war in Puerto Williams, wo laut Seglerweb die Behörden schnell und effektiv sind. Aber die Chilenen übertreiben es mit dem Papierkram und den Auflagen für Segler noch viel mehr als die Argentinier und außerdem ist der kleine Hafen hoffnungslos mit Charter-yachten überlaufen. Die paar Mitarbeiter des Hafenkapitäns waren bei unserer Ankunft mit dem Andrang etwas überfordert, weil fünf Charterachten mit bis zu neuen Crewmitgliedern zusammen mit uns am selben Vormittag ein, oder ausklarieren wollten bzw. ein Fahrtgenehmigung brauchten.

Der zuständige Mann wollte uns tatsächlich noch einen Tag warten lassen, aber zum Glück haben wir Commandante Rejes getroffen, einen ehemaligen Offizier der chilenischen Navy, der nun den Yachthafen Micalvi betreibt. Ein Anruf von ihm bei seinem Freund dem Hafenkapitän und fünf Minuten später hatten wir unsere "Zarpe", die Genehmigung in den chilenischen Gewässern in einer gewissen Zeit von A nach B zu fahren.

Mit dem Papier in der Hand hatten wir den Anker eine halbe Stunde später gelichtet und liegen nun in der Ferraribucht an den östlichen Ausläufern der Darwin-Cordilieren. Ja, der berühmte Evolutionsforscher war hier auch unterwegs, Ende des 19. Jahrhunderts auf der Beagle - dem Schiff, das dem Kanal den Namen gab.

Wir freuen uns schon sehr auf die nächste Etappe, auf der wir in dem nach Darwin benannten höchsten Gebirgszug Feuerlands, die einzigartigen Gletscher besuchen dürfen. Leider müssen wir noch bis übermorgen warten, weil es vor unserer Bucht grad mal wieder mit Windstärke 9 bläst. Aber das sind wir ja inzwischen gewöhnt.

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Sonntag, 20. Januar 2013

Im Kanal

Um es gleich vorweg zu nehmen, wir sind gut angekommen im berühmten Beagle Kanal und liegen in der Bahia Cambaceres vor Anker, einer Bucht gut 30 Meilen östlich von Ushuaia. Nein, wir frieren nicht und es weht auch nicht so, dass wir alles anbinden müssen. Ganz im Gegenteil: Der Lufthauch ist so schwach, dass mein Windmesser ihn kaum mehr beziffern kann und die Sonne brennt so herunter, dass man eine dicke Schicht Sunblock braucht, bevor man zur Abkühlung einen Fuß an Deck zu setzen wagt, denn im Inneren von Alita herrscht T-Shirt-Wetter mit 22 Grad - ohne Heizung.
So ähnlich wie es jetzt gerade ist, war auch der Trip hierher - völlig anders als erwartet. Statt der häufigen starken Winde, auf die wir uns eingestellt hatten, war fast nur Flaute angesagt. Von Puerto Desado nach Staten Island hatten wir sogar einmal den Spinaker oben, den wir dann schließlich runternehmen mussten, weil er mangels Brise zusammenfiel.
Kurz gesagt, gab es in den letzten 7 Tagen so gut wie gar überhaupt keinen Wind. Zu verdanken haben wir diese "Rossbreiten" in den Screaming Fifties zwei satten Hochdrucksystemen, die sich zu beiden Seiten von Patagonien breit gemacht haben, also sowohl im Pazifik als auch im Atlantik. Alle Tiefs, die versuchten von Westen gegen dieses Bollwerk anzulaufen, wurden schon weit draußen auf dem Pazifik abgeschmettert, bzw. südlicher als 60 Grad an uns vorbeigelenkt. Statt zur härtesten Etappe unserer Reise, wurde der Trip nach Ushuaia also zur Kaffeefahrt. Sollte Rassmus das lesen, dann soll das beileibe keine Beschwerde sein. So war es mir - und sicher auch allen anderen an Bord - allemal lieber, als bei 65 Knoten Wind ums eigene Leben bangen zu müssen.
Immerhin durften wir einmal ein bisschen daran Schnuppern, wie es hier unten auch sein kann. Auf dem letzten halben Tag vor der Einfahrt nach Puerto Hoppner auf Staten Island hatten wir die typischen 30 Knoten Wind aus West, in Böen bis 40. Da wir entsprechend vorgebaut hatten, waren wir zu dieser Zeit schon auf Raumwindkurs zum Ziel unterwegs, auf dem normalerweise Wind und Welle in der dieser Stärke kein Problem ist. Doch in der Nähe der Mairestrasse muss man mit allem rechnen und so hatten auch wir einen Schreckmoment, als eine ungünstige Strömung die ohnehin steilen und hohen Wellen zu kleinen Monstern machte.
Wie immer hat Alita auch dieses kleine Abenteuer ausgezeichnet gemeistert und uns unbeschadet zur Einfahrt unserer Ankerbucht gebracht, in der der Spuk dann gleich vorüber war. Puerto Hoppner ist ein tiefer Einschnitt in die Berglandschaft auf Staten Island, den man durch eine superschmale Einfahrt erreicht, die nur eine halbe Stunde bei Hochwasser befahrbar ist. Anschließend wird die Strömung in der Passage zu stark, bzw. mit fallendem Wasser wird die Durchfahrt zu schmal. Für den Nervenkitzel wird man dann mit einem der schönsten Ankerplätze der Welt belohnt. Es fühlt sich an, als hätte man in einem Bergsee auf 2000 Höhenmeter festgemacht. Einmalig! Bilder gibt es wie immer demnächst in der Fotogalerie.
Morgen fahren wir weiter nach Ushuaia, wo wir neben den üblichen Putz- und Servicearbeiten an Alita auch ein paar Landausflüge vorhaben. Hoffentlich bleibt das Wetter so schön…

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Samstag, 12. Januar 2013

Nächster Halt: Feuerland. Bitte anschnallen!

Nach drei Tagen in der Caletta Horno war der Wetterbericht für die Weiterfahrt sehr gut. Also sind wir zu der nächsten kurzen Etappe – nur 160 Meilen - nach Puerto Deseado aufgebrochen. Zunächst war auch alles so, wie unsere Wetterdaten versprachen. Doch je näher wir unserem Ziel kamen, desto mehr nahm der Wind zu – statt wie erwartet abzunehmen.

Auf den letzten 40 Meilen Richtung Süden wurden aus dem zahmen 15 Knoten Westwind allmählich anstrengende 35 Knoten. Zum Glück waren wir so nah unter Land, dass uns zumindest keine nennenswerte Welle zu schaffen machte. Allerdings war da das Problem der Einfahrt in den Hafen, denn die war natürlich Richtung Wind und führte außerdem durch eine Engstelle mit richtig viel Tidenströmung.

Als wir pünktlich vor Ende der Flut an der Einfahrt ankamen, blies es uns schließlich mit 40 Knoten entgegen. Die einlaufende Strömung verbesserte die Lage in keinster Weise, da starker Wind gegen starke Strömung eine fiese Welle aufwirft. Alitas 80 Pferde hatten gegen soviel Gegenwehr keine Chance. An eine Einfahrt war nicht zu denken.

Zum Glück fanden wir im „Schutz“ einer felsigen Untiefe in der Nähe der Einfahrt einen mäßigen Ankerplatz, an dem wir notfalls auch die Nacht verbracht hätten – als  plötzlich der Wind für einen ganz kurzen Zeitraum schwächer wurde. Wir nutzen diese glückliche Fügung. Da nun Wind mit der auslaufenden Strömung blies, waren die Wellen zahmer und so schafften wir es gerade eben so - trotz erneut zunehmendem Wind - bis zu unserem geplanten Ankerplatz.

Und dann ging es richtig los. Der Wind frischte letztlich bis auf 50 Knoten auf und da der Ankergrund nicht gerade optimal war ging unser Hauptanker auf Wanderschaft. Also wieder rein ins Ölzeug, raus ins Gebläse und nochmals neu Ankern; diesmal mit einem zweiten Anker, die dann mit vereinten Kräften den Naturgewalten trotzen konnten.

Am nächsten Morgen war der Spuk vorbei und in den folgenden Tagen stellte sich Puerto Deseado als kleines Juwel heraus, wie ihr in der Fotogalerie sehen könnt. Wir hatten hier ein paar wunderschöne Tage mit Temperaturen bis zu 30 Grad. Michaela war sogar im Badeanzug am Strand!

Darüber hinaus gab es hier einen schicken, nagelneuen „La Anonima“ Supermarkt, in dem wir unsere Vorräte aufstocken konnten. Nun sind die Schapps und Bilgen wieder voll mit Lebensmitteln und wir sind bereit für die nächste lange Etappe, die uns direkt nach Feuerland bringen soll – besser gesagt zur Ilha des Estados (Staten Island).

Der Wetterbericht für die nächsten fünf Tage könnte nicht besser sein, aber wir wissen ja, dass sich das Wetter hier in den Roaring Forties nicht immer an den Bericht hält. Wir sind auf (fast) Alles vorbereitet und hoffen das Beste. Drückt uns die Daumen!

Donnerstag, 3. Januar 2013

Helden 2012

Es war eine ziemlich lange Zeit in Puerto Madryn. Vom 21.12. bis 1.1. lagen Alita und ich vor diesem Touristenörtchen - fast zwei Wochen. Klar, die letzte Crew wollte Weihnachten wieder zuhause sein, die neue Crew erst nach Weihnachten anreisen.

Der Name Puerto Madryn ist ein wenig irreführend, denn der Ort hat den Namen "Hafen" nicht wirklich verdient. Bis auf zwei große Molen, die für die Großschifffahrt reserviert sind, liegt man dort einfach am Rande der riesigen Bucht vor dem Städtchen vor Anker. Wind aus allen Richtungen außer West und Südwest wirft eine ungemütliche Welle am Ankerplatz auf, was den Transfer mit dem Dinghy zum Strand zu einem Abenteur macht. Mehrmals ist das Beiboot beim Ablegen von Land von brechenden Wellen überspült worden, ich und alles Bord platschnaß geworden. Gut, dass das Wasser dort mit 15 Grad noch relativ warm ist.

Einmal konnten wir gar nicht mehr an Bord zurück. Zu hoch war die Welle am Strand. Also mußten wir die Nacht im Hotel an Land verbringen - die erste Nacht auf Festland seit Juni für mich!

Auf jeden Fall sind wir nun wieder komplett. Michaela ist von ihrem Ausflug nach L.A. zurück und unser neues Crewmitglied, Hanno, ist auch da. Mit den beiden kam ein ganzer Haufen Ersatzteile. Micha hat 65 Kilo Zeug aus USA angeschleppt und Hanno hat aus Deutschland eine neue Heizung mitgebracht.

Das war auch so eine Aktion: Ich habe in Buenos Aires festgestellt, dass meine Webasto Heizung nicht mehr funktioniert. Was tun? In Argentinien gibt es keinen Webasto Service. Eigenreparatur ausgeschlossen, da sonst Garantie verwirkt. Das Ding kurz vor Weihnachten durch die Weltgeschichte schicken, um es woanders repariert zu bekommen... aussichtslos. Ihr könnt Euch ja vorstellen wie besorgt ich war. Da stand ich nun am Tor zu Patagonien - ohne Heizung!

Also hab ich mich an die Jungs gewandt, die mir die Heizung eingebaut haben. Und was soll ich sagen: Die sind einfach der Hammer! Im Eiltempo haben sie es geschafft von Webasto eine komplette Ersatzheizung zu besorgen und diese kurz vor den Weihnachtsfeiertagen komplett mit Zollpapieren zu Hanno zu bringen. Während der ganzen Zeit waren sie super informativ, immer freundlich und in einigen Emails sogar echt witzig. Sie haben mich echt beruhigt und mir das Gefühl, dass sie das schon hinbringen werden. Und das haben sie auch. Also wenn ihr mal was komplizierteres an Bord einbauen müsst (Heizung, Klima usw.), kann ich diese Jungs nur empfehlen. Andreas Meyer von Rock`nRoll-Shipping (andreas@rr-shipping.de) und Falk und Andreas von Yacht-Comfort-Systems (falk@y-c-s.eu). Vielen, vielen Dank nochmal. Ihr seid meine Helden 2012!!

Die Ersatzteile sind bereits alle verbaut und die erste Etappe haben wir auch schon zurück gelegt. Wir liegen nun 140 Semeilen südlich von Puerto Madryn in der Caletta Horno. Das ist eine gut geschützte kleine Bucht am Ende eines versteckten Einschnittes. Die Einfahrt zwischen schroffen Felsen ist so eng, dass man kaum umdrehen könnte und auch der Ankerplatz selbst ist nicht viel größer. Ein wunderschöner Platz, mitten in der wilden Steppe Patagoniens. Bilder gibt es bei nächster Gelegenheit.

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