Um es gleich vorweg zu nehmen, wir sind gut angekommen im berühmten Beagle Kanal und liegen in der Bahia Cambaceres vor Anker, einer Bucht gut 30 Meilen östlich von Ushuaia. Nein, wir frieren nicht und es weht auch nicht so, dass wir alles anbinden müssen. Ganz im Gegenteil: Der Lufthauch ist so schwach, dass mein Windmesser ihn kaum mehr beziffern kann und die Sonne brennt so herunter, dass man eine dicke Schicht Sunblock braucht, bevor man zur Abkühlung einen Fuß an Deck zu setzen wagt, denn im Inneren von Alita herrscht T-Shirt-Wetter mit 22 Grad - ohne Heizung.
So ähnlich wie es jetzt gerade ist, war auch der Trip hierher - völlig anders als erwartet. Statt der häufigen starken Winde, auf die wir uns eingestellt hatten, war fast nur Flaute angesagt. Von Puerto Desado nach Staten Island hatten wir sogar einmal den Spinaker oben, den wir dann schließlich runternehmen mussten, weil er mangels Brise zusammenfiel.
Kurz gesagt, gab es in den letzten 7 Tagen so gut wie gar überhaupt keinen Wind. Zu verdanken haben wir diese "Rossbreiten" in den Screaming Fifties zwei satten Hochdrucksystemen, die sich zu beiden Seiten von Patagonien breit gemacht haben, also sowohl im Pazifik als auch im Atlantik. Alle Tiefs, die versuchten von Westen gegen dieses Bollwerk anzulaufen, wurden schon weit draußen auf dem Pazifik abgeschmettert, bzw. südlicher als 60 Grad an uns vorbeigelenkt. Statt zur härtesten Etappe unserer Reise, wurde der Trip nach Ushuaia also zur Kaffeefahrt. Sollte Rassmus das lesen, dann soll das beileibe keine Beschwerde sein. So war es mir - und sicher auch allen anderen an Bord - allemal lieber, als bei 65 Knoten Wind ums eigene Leben bangen zu müssen.
Immerhin durften wir einmal ein bisschen daran Schnuppern, wie es hier unten auch sein kann. Auf dem letzten halben Tag vor der Einfahrt nach Puerto Hoppner auf Staten Island hatten wir die typischen 30 Knoten Wind aus West, in Böen bis 40. Da wir entsprechend vorgebaut hatten, waren wir zu dieser Zeit schon auf Raumwindkurs zum Ziel unterwegs, auf dem normalerweise Wind und Welle in der dieser Stärke kein Problem ist. Doch in der Nähe der Mairestrasse muss man mit allem rechnen und so hatten auch wir einen Schreckmoment, als eine ungünstige Strömung die ohnehin steilen und hohen Wellen zu kleinen Monstern machte.
Wie immer hat Alita auch dieses kleine Abenteuer ausgezeichnet gemeistert und uns unbeschadet zur Einfahrt unserer Ankerbucht gebracht, in der der Spuk dann gleich vorüber war. Puerto Hoppner ist ein tiefer Einschnitt in die Berglandschaft auf Staten Island, den man durch eine superschmale Einfahrt erreicht, die nur eine halbe Stunde bei Hochwasser befahrbar ist. Anschließend wird die Strömung in der Passage zu stark, bzw. mit fallendem Wasser wird die Durchfahrt zu schmal. Für den Nervenkitzel wird man dann mit einem der schönsten Ankerplätze der Welt belohnt. Es fühlt sich an, als hätte man in einem Bergsee auf 2000 Höhenmeter festgemacht. Einmalig! Bilder gibt es wie immer demnächst in der Fotogalerie.
Morgen fahren wir weiter nach Ushuaia, wo wir neben den üblichen Putz- und Servicearbeiten an Alita auch ein paar Landausflüge vorhaben. Hoffentlich bleibt das Wetter so schön…
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