Sonntag, 31. März 2013

Frohe Ostern

Ich sitze gerade auf Nachtwache und der Pazifik wird seinem Namen gerecht. Es blässt mit milden 15 Knoten von hinten und eine lange Dünung aus Süden schauckelt Alita auf Ihrem langen Weg zu den Osterinseln. Ein Drittel der Strecke haben wir bald geschafft und bis auf ein wenig Langeweile und mangelenden Auslauf, geht es uns prima. Das hartgekochte Ei, das ich gerade im Kühlschrank gefunden und gegessen habe, erinnert mich daran, dass ja heute Ostern ist. Da nutze ich doch die Gelegenheit und schicke Euch meine Ostergrüsse. Feiert schön!

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Mittwoch, 27. März 2013

Segelmarathon

Was soll ich sagen: Es hat mal wieder eine Weile länger gedauert, bis ich zu meinem regelmässig unregelmässigen Blogeintrag gekommen bin. Wie ihr vielleicht noch wisst, sind wir in Puerto Montt von einer Schlechtwetterperiode festgenagelt worden, so dass wir fünf Tage später als geplant Richtung Valparaiso aufbrechen konnten.
Als wir dann endlich loskamen, ging es aber sehr flott. Auf der Fahrt nach Valparaiso hat Alita gleich einige ihrer eigenen Rekorde gebrochen. Zweimal waren mit 14,3 Knoten Fahrt über Grund unterwegs. Das erste Mal im Kanal Chacao, wo wir über 8 Knoten Strömung von hinten hatten. Das zweite Mal dann draußen auf dem Meer, wo wir von knapp 40 Knoten Wind und 4 Meter Wellen beschleunigt wurden. So haben wir dann auch unser bisher größtes Etmal (gefahrene Tagesstrecke) von 210 Seemeilen (390 Kilometer) erreicht.
Ein wenig verlorene Zeit konnten wir also wieder gut machen, die wir im Yacht Club Higuerillas in der Nähe von Concon, etwas nördlich von Valparaiso dringend benötigten. Dort wurde Alita zu ihrem jährlichen Vollpflegeprogramm aus dem Wasser gehoben. Wir haben das Antifouling erneuert, den Bugstrahler provisorisch repariert (Ersatzteile sind immer noch nicht zu bekommen), alle Bordbatterien und die Stopfbuchse (Wellendichtung) ersetzt und mehr als €4000,- in unseren Volvo investiert - der uns nun hoffentlich wieder einige Jahr so brav dient, wie er uns bisher gedient hat. Außerdem war das Großsegel beim Segelmacher und wir haben diverse kleine Stellen auf Alita neu lackiert.
Die Woche war also nicht nur sauteuer, sondern auch sauanstrengend. Außerdem geht mir das immer aufs Gemüt, wenn in Alitanien alles drunter und drüber geht, wenn in meinem Wohn- und Schlafzimmer das Werkzeug und die Ersatzteile überall herumliegen und ich überall wohin ich blicke, nur Baustellen entdecke. Für einen Blogeintrag hatte ich also weder die nötige Zeit noch den nötigen Nerv.
Vor vier Tagen waren wir dann schließlich fertig. Dann wurde vollgetankt, auf- und umgeräumt, die zwei neuen Crewmitglieder eingewiesen und noch am selben Abend ging es los, auf die erste Etappe der Pazifiküberquerung, von Valparaiso auf die Robinson Crusoe Insel - fünf Tage später, als ich es vor über einem Jahr geplant hatte.
Ohne die Hilfe von Gyuri, der uns nun bis Neuseeland begleiten wird, und schon in Higuerillas auf uns gewartet hat, wäre es wohl noch später geworden. Er hat uns jeden Tag auf dem Boot geholfen und mehrfach abends gekocht und uns sehr viel Arbeit abgenommen. Danke!
Seit zwei Tagen sind wir nun auf der Insel Robinson Crusoe. Hier, auf der damals unbewohnten Insel 360 Meilen vor der chilenischen Küste, wurde der schottische und wohl sehr nervige Seemann Selkirk von seinem Kapitän ausgesetzt und erst nach über 4 Jahren von einem anderen britischen Schiff wieder mitgenommen. Seine Geschichte hat den Schriftsteller Dafoe zu der Geschichte von Robinson Crusoe inspiriert, nach der die Insel heute benannt ist.
Die Insel ist im Wesentlichen ein Naturschutzgebiet mit einem kleinen Dorf, das vor zwei Jahren von einem Tsunami heimgesucht wurde, bei dem der ganze untere Teil der Stadt verwüstet wurde. Der Wiederaufbau läuft gerade auf Hochtouren. Die Menschen hier sind aber sehr relaxt und sehr freundlich, aber auch ein bisschen komisch. So hat uns der örtliche Mann von der SAC, der chilenischen Umweltbehörde, hier nicht nur erneut kontrolliert, ob wir auf See zwischen Valpo und hier nicht etwa verbotene Lebensmittel gekauft und nach Chile eingeschifft hätten. Er schärfte uns außerdem dringend ein, dass wir unseren Müll auf keinen Fall auf der Insel wegwerfen dürften, sondern dass wir das Zeug bitte, auf dem Weg zu den Osterinseln, draußen auf See über Bord werfen sollten. Kein Wunder, dass etwas westlich von hier, im Zentrum des südpazifischen Hochdruckgebiets, der Plastikmüllkontinent ständig wächst, wenn die hiesige Umweltbehörde solche Anweisungen gibt!
Natürlich werden wir unseren Müll nicht auf See entsorgen, wenn es dann morgen losgeht auf die längste Etappe unserer Reise. Wir konnten uns hier zwei Tage schön ausruhen und alle sind fit für die eEintausendsiebenhundertundeinpaarzerquetschten Seemeilen über den Pazifik, bis auf die Osterinsel. Wir erwarten für die ganze Strecke relativ wenig Wind, deswegen kann es schon mehr als 14 Tage dauern, bis wir dort ankommen. Aber wie immer auf den großen Etappen, werden wir Euch auch von unterwegs auf dem Laufenden halten.

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Freitag, 8. März 2013

Eine unfreiwillige Pause

Wer hätte das gedacht. Wir sind durch ganz Patagonien und Feuerland gekommen, ein paar tausend Seemeilen die gefürchtete argentinische Ostküste runter und die geschichtsträchtige chilenische Westküste wieder hoch, und niemals wurden wir länger als zwei Tage vom Wetter aufgehalten – und jetzt sitzen wir wohl ganze vier Tage in Puerto Montt fest. Ein Tiefdruckausläufer hat sich festgebissen, beschert uns die nächsten Tage viel Regen und starken Nordwind. Zum ersten Mal seit unserer Abfahrt in der Türkei vor über eineinhalb Jahren werden wir unseren engen Fahrplan nicht halten können. Eigentlich wollten wir Alita am 12.3. in Valparaiso aus dem Wasser kranen um die jährlichen Instandhaltungsarbeiten am Unterschiff zu machen - das wird sich wohl um ein paar Tage verzögern und damit auch die Abfahrt Richtung Osterinseln. Zumindest kann ich die Wartungsarbeiten am Motor, am Generator und am Wassermacher schon hier machen, so dass es dann im Norden zügig geht. Aber selbst wenn wir letztlich ein paar Tage verspätet zu unserer Pazifiküberquerung aufbrechen, ist das kein Beinbruch. Unserer beiden Begleiter haben zum Glück keinen Zeitdruck. Der eine wird uns das ganze Jahr bis Neuseeland begleiten und der andere wohnt in Chile und ist zeitlich sehr flexibel.

Ich bin also mal wieder im "Schrauberstress" – aber inzwischen ist es dunkel geworden und ich habe die Zeit auf eine Anfrage aus dem englischen Blog zu antworten. Ein Schweizer Eidgenosse hat sich dort erkundigt, ob wird denn mit der Wahl unseres Segelbootes und unserer Ausrüstung zufrieden sind. Vielleicht interessiert die Antwort ja auch einige deutsche Leser.

Also um das gleich vorwegzunehmen. Sicherlich habe ich ein paar Kritikpunkte, aber trotzdem bin ich auch nach über 12000 Seemeilen noch immer total begeistert von Alita. Dieser Rumpf von Alubat ist nicht nur äußerst stabil gebaut, es ist den Franzosen auch wirklich ein ganz hervorragendes Design geglückt. Unter Segel ist Alita einfach hervorragend. Schon mit wenig Wind erreicht sie gute Geschwindigkeiten und auch bei viel Wind und Welle vermittelt sie immer ein sicheres Gefühl. Der flexible Tiefgang ist nicht nur bei kniffligen Fahrten durch seichte Gewässer ein beruhigender Faktor, auch das Gleiten vor dem Wind mit eingezogenem Schwert macht großen Spaß und bringt uns Etmale, auf die selbst ein Katamaran stolz wäre.
Die Ausstattung von Alubat passt ausgezeichnet zum Rumpf. Das Rigg ist auf harte Beanspruchung ausgelegt und hat sogar Böen bis 50 Knoten unter Vollzeug ohne Murren ausgehalten (wir waren gerade am Reffen, aber eine Minute zu spät). Die Inneneinrichtung ist praktisch, hübsch und gut gearbeitet. Meines Erachtens ist Alubat mit der 455CC eine fast perfekte Kombination aus Komfort und guten Segeleigenschaften gelungen und darüber hinaus ist sie einfach wunderschön.

Die typische Kritik an den Alubats sind angebliche schlechte Am-Wind-Eigenschaften und dass sie allgemein langsam seien. Beides kann ich nicht nachvollziehen. Zumindest treffen sie auf die 455CC nicht zu. Eine anderer Einwand, den viele gegen die Alubats ins Felde führen, ist mangelnde Stabilität, da sie keinen Ballastkiel haben. Sicherlich fehlt den Alubat etwa ein Meter an Hebelwirkung, die eine Kielbombe hätte. Das hat der Designer der 455 aber mit einer großen Menge Blei wett gemacht, die zwischen Schwert und Niedergang im Inneren des Rumpfes für die nötige Stabilität sorgt. Aus meiner Erfahrung mit den oben bereits erwähnten Böen ins Sturmstärke bei Vollzeug kann ich nur sagen, dass es Alita an aufrichtendem Moment nicht mangelt. Ich bin sicher einige Kielboote hätten bei der Aktion Wasser genommen.
Nun aber zu meinen Kritikpunkten, die es immer gibt – denn das perfekte Segelboot wurde noch nicht erfunden:

Der Motor: Der VOLVO TMD22-P ist nicht die beste Wahl. Zunächst einmal hat das Ding einen Turbolader, der jede Menge Öl frisst. Ich habe die Lager der Turbine schon einmal auswechseln lassen, aber nach einem Jahr sind sie schon wieder undicht. Außerdem entwickelt der Motor seine höchste Leistung bei 4000 Umdrehungen. Ich bin kein Masochist und werde meinen Dieselmotor sicher nicht bei so hohen Drehzahlen bewegen. Fährt man aber bei normalen Drehzahlen fehlt es dem Motor an Leistung, besonders bei Gegenwind und Welle.
Die Doppelruder: Die kleineren Ovnis haben ein Klappruder, das ähnlich wie das Schwert hochzuklappen ist, wenn man trockenfällt. Diese Konstruktion war wohl bei der 455 nicht mehr möglich. Deswegen hat sie zwei Ruderblätter außen. Die Dinger sind wirklich sehr stabil, weil der Rumpf darauf steht, wenn das Boot trocken liegt. Ich habe also keine Sorge, dass die Ruder von Treibgut ernsthaft beschädigt werden könnten. Die Doppelruder haben zwei andere große Nachteile. Erstens fangen sie gerne Kelp und Leinen, die nur schwierig wieder zu entfernen sind. Zweitens werden die Ruder nicht von der Schraube angeströmt. Manövrieren im Hafen ist deswegen Nervenkrieg. Alita dreht nur, wenn sie gut Fahrt hat. Und sie braucht ziemlich viel Fahrt, damit sie einen 30m Wendekreis hinbekommt. In den meisten Häfen hat man nicht annähernd so viel Platz. Es kommt erschwerend hinzu, dass…

… die Schraube sich bei Nichtgebrauch flach stellt, um Strömungswiderstand zu reduzieren. Leider braucht sie immer 10 Sekunden bis sie von vorwärts auf rückwärts umstellt. Diese zehn Sekunden können seeehr lang werden, wenn man im Hafen bei schneller Fahrt (um manövrierfähig zu sein) die 13 Tonnen aufstoppen möchte. (Ich bin sehr froh, wenn mein Bugstrahler hoffentlich bald wieder funktioniert).
Die Baumreffanlage des Großsegels: Eine Rollreffanlage mit Latten im Großsegel, das hört sich toll an. Leider hat es einige sehr entscheidende Nachteile. Das feste Vor- und Unterliek bedingt äußerst schlechte Trimmmöglichkeiten. Trotz der Latten, funktioniert das Großsegel bei Schwachwind schlechter als ein vergleichbares Großsegel mit Mastreffeinrichtung. Ein weiterer schwerer Nachteil des Baumreffs ist, dass Reffen und Ausreffen des Segels nur in völlig entlasteten Zustand möglich ist - sprich man muss mindestens 60 Grad an den Wind gehen und den Baum weit hinaus fieren – bei Ozeanwelle ist das nicht gerade der angenehmste Kurs zum Reffen. Dazu kommt, dass die Führungseinrichtungen, die das Vorliek des Segels in der Kederschiene halten, bei Starkwind nur bedingt funktionieren, so dass es ausgerechnet dann Schwierigkeiten gibt, wenn es schnell gehen muss. Trotz aller Vorsicht habe ich das Segel dabei schon zweimal beschädigt. Bei nächster Gelegenheit - die nötigen finanziellen Mittel vorausgesetzt - werde ich mir ein Großsegel mit Einleinenreffsystem und Lazybag besorgen.

Den Windgenerator habe ich abmontiert. Er macht hauptsächlich Lärm und nur in zweiter Linie ein wenig Strom. Bei 30 Knoten Halbwind liefert er gerade mal genug Saft, um meinen Bordrechner zu betreiben. Bei 40 Knoten Wind muss ich den Airogen 6 abschalten, indem ich die Flügel fange und fixiere. Wer Lust hat, der kann gern einmal probieren bei 40 Knoten Wind und entsprechender Welle auf der Heckreling herum zu turnen, um dort an schnell drehenden, 4 Kilo schweren Rotorblättern vorbeizufassen, um den Windgenerator umzudrehen… so ein blödsinniges Patent!
Meine Solarzellen waren eine super Investition. Der Dieselgenerator läuft wirklich nur äußerst selten.

Der Wassermacher von HRO ist auch gut. 60 Liter Süßwasser bei nur 20Ah Stromverbrauch. Das passt prima zu meinem Energiekonzept, das hauptsächlich auf Solarzellen beruht.
Unverzichtbar ist auch die Möglichkeit über Sailmail Emails und Wetterdaten zu empfangen. Wer nicht gleich 10.000 Euro für einen Grenzwellenfunkanlage ausgeben möchte, der kann das auch mit einem Iridiumtelefon realisieren.

GPS, elektronsiche Karten, Radar und AIS sind meines Erachtens auch unverzichtbare Sicherheitsausrüstung. Wobei man nie blind auf die Elektrik vertrauen sollte und auch in der Lage sein muss, im Notfall auf Papierkarten zu navigieren.
Was fällt mir noch ein… gerade nichts mehr. Falls ich was vergessen habe, oder etwas unklar ist, dann fragt einfach nach.