Die Fahrt nach Fiji war diesmal ein bisschen spannender, als die letzten Überfahrten, bei denen die Segelbedingungen jeweils perfekt waren. Dieses Jahr war das subtropische Wetter im Südwesten des Pazifiks uncharakteristisch unstet für die Jahreszeit. Die ersten Winterstürme waren bereits über Neuseeland hinweggezogen, ungewöhnlich früh im Jahr. Auch die Hochdruckgebiete zogen bereits winterlich schnell und in Folge der hohen Dynamik änderten sich die Vorhersagen fast täglich.
Es war also recht schwierig "passendes" Wetter zu finden, so dass auf der ganzen langen Überfahrt der Wind immer aus den richtigen Richtungen und in erträglicher Stärke weht. Das Wetterfenster für das wir uns schließlich entschieden, war nicht gerade eine große Panoramascheibe, sondern eher eine kleine Schießscharte. Ein befreundetes Boot wollte einen Tag nach uns aufbrechen, aber bereits zwölf Stunden nach unserer Abfahrt zeigten sich die Vorhersagen im Verlauf der Fahrt wieder ungünstig, so dass die Zögerlichen noch heute - zwei Wochen später - in Neuseeland sind.
Wir waren das einzige Boot, das am 23.5. im Rücken eines Wintersturms bei Windstärke 7 aus Opua auslief. Klar fällt es nie besonders leicht den ruhigen Hafen zu verlassen, wenn es draußen heftig bläst und die Wellen das Boot entern wollen. Aber wir waren ähnliche Bedingungen von der Südinsel Neuseelands bereits gewöhnt. Auch dort musste man im Rücken der Fronten auslaufen, wenn man sich segelnder Weise eine Stück nach Norden vorarbeiten wollte.
Unser Plan ging jedenfalls auf. Dank des kräftig ausgeprägten Rücken des Tiefdruckgebiets hatten wir zwei Tage Starkwind aus raumen Richtungen (von schräg hinten), mit dessen Hilfe wir uns rasend schnell nach Norden bewegten. Innerhalb von zwei Tagen hatten wir bereits die halbe Strecke nach Minerva zurück gelegt, waren den ungünstigen Wetterentwicklungen im Süden entkommen und unsere erwartete Ankunftszeit im relativ gut geschützten Nord Minerva Riff lag geschätzte zwölf Stunden vor einer unberechenbare tropische Störung, die uns von Norden entgegen zog.
Die tropischen Störungen sind für Segler besonders unangenehm, weil sie sich durch großflächige Flaute auszeichnen, im Inneren aber böse Überraschungen mit örtlichem Starkwind und heftigen Regengüssen bereit halten.
Aber wir hatten doppelt Glück. Zunächst erreichten wir unseren Ankerplatz in Minerva deutlich vor der tropischen Störung und außerdem war diese nicht annähernd so stark, wie vom Wetterdienst vorher gesagt. Letztlich hatten wir keinen einzigen Regenschauer und die Flaute bescherte uns eine besonders ruhige Nacht.
Drei ruhige Tage genossen wir in Minerva, kulinarisch durch einen 31kg schweren Thunfisch versüßt, den wir kurz vor der Einfahrt ins Riff gefangen hatten. Der einzige Rückschlag war die Weigerung des Wassermachers, seiner Aufgabe nachzukommen und Süßwasser zu produzieren. Aber auch dieser Mitarbeiter konnte in einer intensiven, dreistündigen Sitzung zur Mitarbeit überredet werden.
Die letzte Etappe nach Fiji war einfach zu planen. Bei konstanter Brise und Halbwind (seitlich), traumhaften Hochsee-Segelbedingungen, schossen wir in ruhiger See bei Rumpfgeschwindigkeit dahin und liefen zweieinhalb Tage später in Levuka auf der Insel Ovalau ein.
Wir haben uns absichtlich einen kleinen Ort zum Einklarieren in Fiji ausgesucht, weil die Formalitäten dort erfahrungsgemäß etwas schneller vonstattengehen. Die Wege zwischen den Behörden sind nicht so weit und die Schlangen vor den Schaltern sind nicht so lange, wie in großen Städten.
Es begann alles gut. Wir liefen um 09:30 morgens im Hafen ein, hatten gleich Funkkontakt mit der Hafenmeisterei und nach zwei Versuchen hatten wir uns auf einen geeigneten Quarantäne- Ankerplatz geeinigt, der einerseits weit genug aus den Wellen war, damit wir nicht arg durch geschaukelt werden, anderseits nah genug am Hafen, damit die Wege der Offiziellen nicht zu weit sind und zuletzt, weit genug vom Land entfernt, damit wir nichts unbemerkt nach Fiji einschleppen konnten.
Die Gesundheits- und die Bio-Security Behörden hatten innerhalb einer halben Stunde Mitarbeiter am Pier, die wir mit unserem Beiboot abholten und uns gegen 11:00 bestätigten, dass wir alle gesund sind und keine illegalen Lebensmittel an Bord haben. Natürlich hatten sie außerdem schon ihre Rechnungen ausgestellt.
Danach fuhren wir alle in den Hafen, denn die Einwanderungsbehörde und der Zoll dürfen aufgrund internationaler Regeln keine Rechnungen ausstellen und nehmen deswegen auch nicht den langen und beschwerlichen Weg zur Yacht auf sich. Sie warten lieber im klimatisierten Büro auf uns.
Zumindest wartet dort einer auf uns, doch der kann unseren Fall nicht bearbeiten. Der einzige Mitarbeiter, der hochrangig genug ist um uns einzuklarieren ist gerade auf der Bank und deswegen müssen wir erst einmal warten. Als er dann nach einer guten halben Stunde auftaucht, dürfen wir ganz viele Dokumente ausfüllen, die wir bereits in Neuseeland einmal ausgefüllt haben - und dann auf den Computer warten, der noch langsamer rechnet als der Beamte tippt. Kurz vor der Mittagspause haben wir dann die Genehmigung zum Verlassen der Yacht in der Hand.
Nun dürfen wir aus dem Hafen hinaus in die Stadt und unser Auftrag ist klar: Auf die Bank und Landeswährung besorgen, damit wir die Rechnungen der Bio-Security und der Gesundheitsbehörde zahlen können. Dann zum Sitz des örtlichen Ältestenrates und eine "Cruising Permit" holen - das ist die Erlaubnis innerhalb von Fiji zu segeln. Mit diesem Papier sollen wir dann wieder zur Hafenbehörde, die uns die finale Auslaufgenehmigung aus dem Hafen in die Gewässer Fijis erteilt.
Hört sich eigentlich ganz leicht an und sollte in den verbleibenden 4 Stunden, bis die Behörden um 16:30 schließen, auch locker zu schaffen sein - aber wir sind in Fiji und deswegen kann man sich nie ganz sicher sein!
Der Geldautomat an der Bank ist "vorübergehend" außer Betrieb und die Schlange an der Kasse ist lang. Wen wundert es, ist schließlich auch die einzige Bank im Dorf! Die Gesundheitsbehörde ist am nördlichen Ende des Städtchens und nach einem kurzen Marsch dauert es dort nur fünfzehn Minuten eine Quittung auszustellen, dann aber fast eine halbe Stunde, bis das passende Wechselgeld aus den Geldbörsen aller Mitarbeiter zusammen gesammelt ist.
Das Gebäude des Ältestenrates ist - wie soll es auch anders sein - am südlichen Ende der Stadt. Aber nach einem etwas längeren Marsch bin ich dort der einzige Kunde und die Sekretärin ist sehr hilfsbereit und komptetet. Sie entschuldigt sich, dass ich ein paar Minuten warten muss, denn das Formular muss zur Unterschrift in die Hauptstadt geschickt werden. Kein Problem sage ich und lächle… und lächle auch noch eine knappe Stunde später, als des Fax aus der Hauptstadt immer noch nicht da ist.
Nach über einer Stunde erfahre ich die Frohe Kunde, dass das Fax da sei. Ich halte schon die Hand auf, muss aber dann erfahren dass das Fax meines Begehrens nicht in diesem Gebäude weilt, weil das Faxgerät hier kaputt ist, sondern im Büro des "High Comissioners" , ganz in der Nähe der Polizeistation, am nördlichen Ende der Stadt. Ahja!
Immer noch lächelnd finde ich mit Hilfe dreier Einheimischer nach einem längeren Fußmarsch das Büro, doch Elvis - der Mann, der mein Fax hat ist - ist, wie soll es auch anders sein, gerade bei der Bank. Mir läuft die Zeit davon, denn der Feierabend rückt bedrohlich Nahe.
Die Dame am Schreibtisch von Elvis hat keine Ahnung, aber sie ist so nett, dass sie mir einige streng geheime Dokumente von Elvis' Schreibtisch zeigt und beim dritten Versuch kann ich meine Cruising Permit ausmachen und bekomme diese auch ausgehändigt. Es bleibt jetzt noch eine Dreiviertelstunde und ein mittlerer Fußmarsch, um die Hafenbehörde zu erreichen und die Auslaufgenehmigung zu bekommen.
Letztlich wird es sehr, sehr knapp… denn der Mitarbeiter, der das normalerweise macht, ist natürlich nicht da, sondern auf dem Weg zum Flughafen und seine Vertretung, wie soll es auch anders sein, fährt ihn. Es dauert eine knappe halbe Stunde meiner kostbaren Zeit bis die Vertretung zurück ist - und sie bringt drei ihrer fünf Kinder mit, denn eigentlich hat sie ja jetzt frei und wäre nun im Bett, wenn ich nicht so dreist wäre, innerhalb der Geschäftszeiten Arbeit zu verursachen!
Während ich mich noch lächelnd entschuldige und versuche die Stimmung aufzuheitern, schafft die Dame es immer wieder in paar Buchstaben in die Eingabemasken auf ihrem Computer einzutragen, während eines ihrer Kinder nebendran wahllos Nummern auf dem Telefon wählt und dann den Hörer an seine Mutter weiterreicht, wenn tatsächlich jemand antwortet. Da die Insel klein ist, kennt die Dame natürlich jeden ihrer wahllosen Gesprächspartner und man amüsiert sich ausgiebig über die Art und Weise, wie das Gespräch zustande gekommen ist.
Die anderen Kinder machen sich inzwischen anderweitig nützlich und entführen Kugelschreiber, Heftklammergerät und weitere wichtige Utensilien vom Schreibtisch der Beamtin, die wir später noch suchen werden. Und ich lächle immer noch!
Kurz darauf vergeht mir das Lächeln kurz, als mir die Beamtin erklärt, dass ihr Computer nun irgendwie nicht mehr so richtig will und wir die Genehmigung manuell erstellen müssten. Sie reicht mir ein Formular, dass Sie von einer Kollegin telefonisch angefordert hat, damit die es per Email schickt… als das Formular endlich ausgedruckt ist, erkenne ich, dass es sich um das Selbe handelt, dass ich inzwischen schon zweimal ausgefüllt habe. Das Werk hat vier Seiten und ich weiß, dass ich ungefähr eine halbe Stunde brauche, diese Informationen erneut einzutragen - aber was hilft's! Ich hab es nun fast geschafft und will nicht auf der Zielgeraden schlapp machen.
Ich bin bereits auf Seite drei des Formulars, als mir die Beamtin freudig verkündet, dass es der Computer nun doch wieder tut und danach dauert es trotz der Störmanöver der Kinderschar nur noch zehn Minuten, bis ich das besiegelte und mehrfach vorne und hinten gestempelte Formular in der Hand halte und als freier Mann dem Hindernislauf im Behördendschungel beende. Möge der Urlaub beginnen!
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