Samstag, 15. Dezember 2012

Das lachende und das weinende Auge

Gestern Nachmittag haben wir den Hafen von Buenos Aires verlassen. Das Wetter war abartig schön. Stahlblauer Himmel, erstklassiger Segelwind und kaum Welle. So sind wir schon am ersten Tag über 180 Seemeilen weiter in den Süden geglitten und bereits fast vor Mar del Plata.
Trotz des guten Wetters sind Alita und ich ein wenig traurig, weil wir auf dieser Etappe auf unsere geliebte Michaela verzichten müssen, die für zwei Wochen nach L.A. geflogen ist, um mal wieder so richtig zu Tanzen und Weihnachten mit ihrer Familie zu feiern. Es fühlt sich komisch an, nach so langer Zeit gemeinsam an Bord, nun ein Stück ohne sie zu fahren - auch wenn es zum Glück nur ein Kurzes ist.
Damit Alita und ich nicht ganz so allein sind, haben wir bis nach Puerto Madryn den Christian an Bord, der sich kurzfristig entschlossen hat zu uns zu stoßen. Nach zwei Tagen Buenos Aires und diesem wunderschönen Etappenstart ist die lange Anreise für ihn schon ganz vergessen und er fühlt er sich bereits fast wie zu Hause bei uns.
Wenn wir gerade von zuhause reden. Komischerweise bin ich auch ziemlich traurig Buenos Aires zu verlassen. Irgendwie ist diese Stadt für mich so etwas wie ein zuhause geworden, obwohl ich dort insgesamt nur etwa 6 Wochen meines Lebens verbracht habe. Schon bei meinem ersten Besuch, vor drei Jahren, hatte ich dieses vertraute Gefühl, das einem nur wenige Orte im Leben geben. Diesmal war es sogar noch stärker. Als Weltenbummler und jemand, der kein richtiges Zuhause mehr hat - außer dem schönsten Segelboot der Welt - ist man da vielleicht ein wenig empfindlicher, oder besser gesagt "empfänglicher". Es gibt nur sehr wenige Orte auf dieser Welt, an denen ich mich daheim fühle und komischerweise ist Buenos Aires näher an meinem Herzen, als meine Geburtsstadt München , wo ich ein paar Jahrzehnte verbracht habe.
Sollte ich einmal alles in der Welt gesehen zu haben, was ich noch sehen will und bereit sein mein geliebtes Nomadenleben aufgeben, dann gehört Buenos Aires sicherlich zu den Plätzen, an denen ich vielleicht länger Wurzeln schlagen könnte… vielleicht.
Da es aber noch lange nicht soweit ist, vertreibe ich nun einfach die komischen Heimatgefühle mit der Vorfreude auf Patagonien, Feuerland, Chile, die Südsee, Neuseeland und alles was danach noch kommt. Speziell auf die nächste Etappe, das wilde und bildhübsche Patagonien, freue ich mich schon wahninnig. Es ist einer meiner größten Träume im Leben diesen Landstrich mit dem eigenen Boot zu bereisen und einer der Hauptgründe dafür, dass ich heute mit Alita unterwegs bin. Die nächsten zwei Monate werden mit Sicherheit einer der größten Highlights meiner Reise… meines Lebens. Es wird sicher kein Spaziergang, aber das ist Teil der Faszination, die mich und viele andere Segler hierher treibt. Ich kann es kaum erwarten!

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