Die Fahrt hierher war… abwechslungsreich. Nach einem
guten Start aus Rio Grande mit ein paar Stunden schönem Wind, hatten wir die
nächsten 30 Stunden fast nichts. Trotzdem kam keine große Langweile auf, denn
wir hatten mit jeder Menge blinder Passagiere zu kämpfen, die sich in Rio Grande
an Bord geschlichen hatten.
Dort lag die Yacht ja direkt an einer kleinen
parkähnlichen Anlage und wurde von den dortigen Anwohnern scheinbar
eingemeindet. Eine Spinne hat ein 30qm großes Netz zwischen den beiden
Achterstagen gespannt, ein paar Ameisen haben sich im Beiboot versteckt und
irgendwo hat eine Fliege ihre Eier hinterlassen, so dass unsere Antifliegenkanone
fast im Dauereinsatz war.
Kaum hatten wir uns von all diesen Abenteuern erholt, kamen
in der Abenddämmerung die ersten Gewitterwolken in Sicht. Wunderschöne,
majestätische Wolkenkunst im roten Abendlicht. Micha hat wieder tolle Bilder in
der Bildergalerie.
Aber es fiel uns schwer diese Schönheit zu genießen, da
wir schon wussten, dass wir das Schauspiel mit einer anstrengenden Nacht bezahlen
werden. Alita besteht zwar gänzlich aus Aluminium und Blitze können ihr keinen
echten Schaden zufügen – wohl aber der Elektronik an Bord, der durch Überspannungen
und elektromagnetische Impulse bei einem Volltreffer der Totalschaden droht. Deswegen
ist so ein Gewitter auf See immer ein wenig Nervenkrieg und psychologisch
anstrengend.
Dazu kommt die körperliche Anstrengung, da alle 5
Minuten die Windrichtung und die Windstärke drastisch wechselt. Auf Wache muss
man also andauernd mit den Segeln „arbeiten“. Wenn man dann auf Freiwache müde in
die Koje fällt, kann man trotzdem schwer schlafen, weil sich laufend die Lage im
Bett ändert und die Wache an Deck bei der Bedienung der Winchen auch nicht
gerade leise ist.
Als dann am späten Vormittag des nächsten Tages die
Gewitter vorüber und wir so richtig übermüdet waren, begann dann die seemännisch
anspruchsvolle Einfahrt in die Mündung des Rio Plata, wo es nicht nur unangenehme
Wellen hat, sondern auch richtig, richtig viel Schiffsverkehr. Hier sind die
größten Häfen von Argentinien und Paraguay und hunderte von Frachtern und
Tankern fahren über ein Netz von Schifffahrtsstraßen aus und ein.
Im Morgengrauen des nächsten Tages waren wir dann endlich
auf dem Canal Norte, der Zielgeraden in den Hafen - die eindrucksvolle Silhouette
der Stadt und der untergehende Vollmond vor uns, die aufgehende Sonne hinter
uns – da erwischte uns noch ein weiteres, heftiges Gewitter, das sich erst kurz
zuvor, nördlich der Stadt, gebildet hatte. Blitze, Böen und Starkregen, der uns
die Sicht nahm, waren nicht gerade das optimale Wetter in einen unbekannten
Hafen einzulaufen.
Aber was für ein tolles Gefühl, als wir nach all diesen
Anstrengungen dann im Hafen waren, die Wellen aufhören, der Wind den Atem anhielt,
der Regen seinen Schleier von dem eindrucksvollen Panorama lüftete und die
erwachende Stadt fast lautlos vor uns lag. Ein einzigartiger Moment!
Wir werden jetzt zwei Wochen das Stadtleben genießen und
sowohl uns als auch Alita auf die harten Etappen vorbereiten, die in den
kommenden Monaten vor uns liegen. Von mir hört ihr also erst wieder, wenn wir
auf dem Weg nach Puerto Madryn sind. Ich bin beschäftigt!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen