Sonntag, 25. November 2012

Wir kommen wieder, keine Frage!

Seit ein paar Tagen sind wir in Rio Grande, ganz im Süden von Brasilien und stehen kurz vor unserem Aufbruch nach Argentinien. Während des Aufenthalts im netten und verschlafenen Yacht Club Rio Grande hatten wir außerdem einjähriges Jubiläum unserer Segelreise auf Alita. Es schließen sich also ein paar Kapitel in unserem Segelleben und es ist höchste Zeit ein kurzes Resümee zu ziehen.

Vor gut einem Jahr sind wir in der Türkei aufgebrochen, voller Enthusiasmus, Vorfreude, Energie – aber natürlich auch mit großer Spannung und ein wenig Unsicherheit. Natürlich wussten wir, dass Alita ein tolles Segelboot ist, gut gezeichnet und solide gebaut, top gewartet und luxuriös ausgestattet – sonst hätten wir sie nicht gekauft.  Aber wie in jeder frischen Beziehung, muss man sich auch an eine neue Segelyacht gewöhnen. Man muss erst einmal herausfinden, was sie gern hat und wo sie etwas empfindlich ist. Alitas ist eine echte Lady, eine High-Maintenance-Braut. Ihre großzügige Ausstattung bedeutet einerseits hohen Komfort, aber anderseits auch hohen Wartungsaufwand. Da man nie genau wissen kann, was der Vorbesitzer zu welchem Zeitpunkt gewartet bzw. ausgetauscht hat, fängt man praktisch bei Null an und tastet sich an diverse unbekannte Geräte heran, also im Klartext: Man nimmt bei entsprechender Gelegenheit alles der Reihe nach gründlich auseinander, was in Alitas Fall mehrere Monate gedauert hat. Die Menge an wichtigen Ersatzteilen, die man mit sich führt, wächst dabei wöchentlich und die Einkaufsliste wird selten leer.
Mit jeder Seemeile, die man ohne größere Ereignisse hinter sich lässt, wächst das Vertrauen in die Yacht - letztlich auch in einen selbst. Obwohl ich nun schon seit über 20 Jahren mit Segelyachten unterwegs bin, lerne ich auf dieser Reise noch immer fast täglich etwas dazu.

Wenn wir heute zurück blicken, dann war es ein anstrengender Start in unser Segelabenteuer. Da wir beide bis zwei Tage vor unserem Abflug gearbeitet haben und alles andere nebenbei organisierten - Vermietung der Wohnung, Einlagerung der persönlichen Gegenstände, Vorbereitung der Yacht und Überführung von der Türkei auf die Kanaren (wo wir dann im Juni erst richtig starten) - gingen wir ziemlich gestresst in die Reise. Michaela ist gleich in der ersten Woche, auf dem Weg von den Kanaren auf die Kap Verden, gründlich krank geworden. Es hat letztlich bis Brasilien gedauert, bis wir voll und ganz auf Alita angekommen waren.
Nun sind wir vier Monate in Brasilien und es kommt uns vor wie ein ganzes Jahr. Trotzdem war der Aufenthalt viel zu kurz. Dieses Land hat uns richtig positiv überrascht. Die Menschen sind hier alle offen, freundlich und hilfsbereit und es gibt so unendlich viel zu sehen, dass man locker mehrere Jahre hier verbringen könnte. Leider dürfen wir Gringos immer nur drei Monate (bzw. als Deutscher mit Ausnahmegenehmigung sechs Monate) am Stück hier sein. Dadurch wird der Besuch mit dem Segelboot immer ein bisschen gehetzt.

Michaela und ich, wir sind uns absolut einig darüber, dass wir unbedingt wiederkommen müssen – und auch Alita kommt sicher gern wieder. Sowohl die Kap Verden als auch die brasilianischen Küste werden wir auf jeden Fall nochmal besegeln. Wann das allerdings sein wird, steht noch in den Sternen. Nun sind wir erst einmal auf dem Weg nach Neuseeland und auch im Pazifik gibt es noch so viel zu sehen, dass es noch ein paar Jährchen dauern kann, bis wir die tollen Länder im Südatlantik wieder bereisen dürfen.
Nun kommen wir erst einmal nach Argentinien, das mit Sicherheit eines der schwersten Segelreviere der Welt ist. Dort erwarten uns häufige Starkwinde, Tidenströmungen um die 4 Knoten entlang der Küste und deutlich mehr in Engstellen. Das größte Problem dort ist aber das Fehlen von Häfen. Auf der ganzen endlosen Strecke zwischen Mar del Plata im Norden und Ushuaia im Süden gibt es nur eine Handvoll Unterschlupfe, in denen man sich bei schlechtem Wetter verstecken kann. Ich bin ganz sicher, dass wir auch auf dieser Etappe wieder viel dazulernen werden. Vor Allem der Respekt vor den Elementen wird eine gründliche Auffrischung bekommen.

Doch bei allem Respekt und trotz ein klein wenig Muffensausen, freuen wir uns schon wahnsinnig auf das rauhe Argentinien. In Buenos Aires haben wir noch ein paar Tage uns selbst und Alita auf diese anspruchsvolle Etappe vorzubereiten. Die Yacht braucht noch einen schwereren Reserveanker und ein paar hundert Meter lange Landfesten, wegen der speziellen Ankerplätze in Feuerland. Wir Menschen müssen die langen Unterhosen, die Fließpullis, die Thermounterwäsche, die Gummistiefel, das Offshore Regenzeugs und vor Allem den Spaß am Sauwetter wieder hervor kramen. Landschaftlich und seglerisch werden die nächsten Monate mit Sicherheit ein einzigartiges Highlight.

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