Ein Typ mit langen, grauen Haaren und Ledercowboyhut kommt
mit seinem Beiboot auf uns zu. Ich steige aus dem Cockpit um ihn zu empfangen und
winke freundlich. (Das Gespräch ist aus dem Englischen übersetzt).
>Hallo!<
Er kommt ganz heran und hält sich an der Bordwand fest.
>Habt ihr den Funk
aus!?<
>Äh... Nö. Ist an.
Wieso?<
>Ihr seid
Olido?!<
>Was sind wir?<
>Die Yacht, Mann!
Eure Yacht heißt Olido!<
>Alita.<
>Ja genau! Ich
versuche Euch die ganze Zeit anzufunken!<
>Hab nichts gehört.
Nur zwei, die sich in französisch auf Kanal 16 unterhalten. Warst Du das?<
>Davor! Ich hab
Euch drei Mal angefunkt.<
>Sorry. Hab mich
nicht angesprochen gefühlt. War wohl der Akzent.<
> Akzent!!!< Er
schaut mich böse an.
>Egal. Was ist so
wichtig?<
>Deine Yacht ist
über meinem Anker!<
>Okay.< Ich
blicke ungläubig zu seinem großen Katamaran, der mindestens 70 Meter von uns
entfernt liegt. >Wollt ihr weg?<
>Nicht mehr. Es ist
zu spät.<
>Tut mir leid. Aber
ganz ehrlich, ich glaub nicht, dass ich auf deinem Anker liege.<
>Ich habe 80 Meter
Kette draußen!<
>In fünf Meter
Wassertiefe?! Bei Windstärke drei? Echt jetzt?<
>Ich kann so viel
Kette geben wie ich will!<
>Ähh... Klar! Aber
vielleicht wär's 'ne gute Idee, wenn du schon das sechzehnfache der Wassertiefe
an Anker steckst, 'ne Ankerboje zu setzen?<
>Ich muss keine
Ankerboje setzen!<
>Natürlich nicht!
Aber dann reg dich bitte nicht auf, wenn andere über deinem Anker ankern.<
>Du musst ja nicht
vor mir ankern, oder?! Ich bin seit 27 Jahren auf See unterwegs und man ankert
nicht direkt vor einem anderen. Das tut man einfach nicht!<
>Okay. Nur, als wir
vor vier Stunden hier geankert haben und ihr offenbar nicht an Bord wart, haben
wir mindestens 30 Meter seitlich versetzt geankert... also eine gute
Kettenlänge... und 90 Meter vor Euch... also eine dreifache Kettenlänge. Weil
der Wind um dreißig Grad gedreht hat, liegen wir jetzt vor Dir und wenn er, wie
vorhergesagt, noch weiter auf Nord dreht, dann sieht die Sache wieder anders
aus. Und übrigens:...<
Ich habe mich an die andere Yacht im Ankerfeld erinnert, die
ungefähr genauso weit entfernt von dem Katamaran auf der anderen Seite liegt. >...Du solltest dem da drüben Bescheid geben. Wenn
Du wirklich 80 Meter Kette draußen hast, dann knallst du wahrscheinlich heute
Nacht in den rein.<
>Ich versteh auch
echt nicht warum ihr alle so nah an mir ankern müsst? Hier ist überall so viel
Platz!<
>Das hat vielleicht
damit zu tun, dass wir hier vor einer Hafeneinfahrt liegen und hier der einzige
Ort in 70 Meilen Umkreis ist, wo man einkaufen kann?<
Das muss sich setzten und wir schweigen kurz. Er ist
offensichtlich immer noch sauer und macht keine Anstalten weiterzufahren.
>Also was machen
wir? Ich bin jederzeit bereit, wenn Du weg willst.<
>Ich wollte vorher
weg. Jetzt ist zu spät! ...Du fährst ja heute noch?<
>Nein. Hatte ich
nicht vor.<
>Na, super! Dann
bleiben wir alle ein paar Tage hier, bis Du uns gnädiger Weise fahren lässt?!<
>Sag mal... Hast Du
irgendwie einen schlechten Tag gehabt?<
>Pfttt!!<
>Ich hab Doch schon
gesagt, dass ich jederzeit bereit bin, wenn Du weg willst. Außerdem muss ich mich
höchstwahrscheinlich gar nicht bewegen, denn so wie der Wind gedreht hat, hat
sich deine Kette um dutzend Korallenblöcke gewickelt und dein Anker liegt
wahrscheinlich ganz wo anders.<
Wieder Schweigen. Noch immer scheint er etwas zu wollen.
>Also was ist? Was
machen wir jetzt?<
>Das hängt von Dir
ab.<
>Oh Mann! Was
willst Du?<
>Eine
Entschädigung.<
>Wie Entschädigung?
Wofür?<
>Dafür, dass wir
nicht fahren konnten.<
>Klar! Die 27 Jahre
auf See haben dir offenbar nicht gut getan. Ich sag Dir, was wir jetzt tun. Du
lässt uns in Frieden und wir ankern um. Tschüss!<
Wir haben daraufhin unseren Anker eine knappe halbe Meile
entfernt von dem Katamaran geworfen. Das andere Boot in seiner Nähe ist eine
halbe Stunde später umgezogen, in unsere Nähe....
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