Donnerstag, 20. September 2012

Brasilifikation

Das war wirklich schön, die letzte Woche. Jede Nacht vor Anker, jeden Morgen ausschlafen, tolle Eindrücke, gutes Essen und vor allem gute Gesellschaft. Unser Gast Sven hat gemeinsam mit uns die Ruhe sehr genossen und war letztlich fast so entspannt, wie ein echter Brasilianer.

Nachdem wir Anfang letzter Woche die Ankerbucht von Itaparica verlassen hatten, sind wir hinter der Insel durch den Fluss zur Südspitze gefahren um dort meinen brasilianischen Bekannten Jayme zu besuchen. Dieser schrieb mir per Email, dass die offizielle Höhe der Autobrücke, die sich dort über den  Flusslauf spannt, nicht stimmt.  Sie sei bei Niedrigwasser nicht 19 Meter, wie im Revierführer beschrieben, sondern deutlich über 21 Meter hoch. Ich habe diesen Angaben vertraut, weil mein Bekannter seit 30 Jahren Einhandsegler ist und etwa eine Meile entfernt von der Brücke wohnt, wenn er nicht segelt.

Alita ist laut offiziellen Werksangaben 18,5 Meter, mit Antenne 19 Meter hoch und der Tidenhub beträgt 2,2 Meter. Nach Adam Riese eigentlich kein Problem. Trotzdem wollte ich etwas Reserve einbauen und  kurz nach Niedrigwasserstand die Brücke hinter mir lassen. Letztlich waren wir eine halbe Stunde verspätet, hätten rechnerisch aber immer noch deutlich über eineinhalb Meter Freiraum haben sollen. Eigentlich… letztlich war es so knapp, dass unsere Funkantenne am Beton der Brücke gekratzt hat. Zum Glück ist diese flexibel und hat das Abenteuer unbeschadet überstanden.

Später hat mein Freund seine Höhenangaben revidiert  und eigentlich wollte er mir ja noch sagen, dass ich nur bei absolutem Niedrigwasser unter der Brücke durchfahren soll… aber irgendwie hat er das vergessen und dank der brasilianischen Duselgöttern ist ja alles gut gegangen.  Wir waren gut am Südende der Insel Itaparica angekommen.

Dort sind wir zwei Nächte geblieben, haben die Dörfchen Cacha Prego, Catu und das berühmte Jaguaribe besucht, eine der ersten christlichen Siedlungen in Brasilien. Allerdings ist diese im Laufe der letzten dreihundert Jahre so schwer in Vergessenheit geraten, so dass heute nicht einmal Wikipedia etwas darüber weiß.

Außerdem haben wir das paradiesische Häuschen meines brasilianischen Segelfreundes besucht und gemeinsam an Bord Abend gegessen, weil es dort nirgendwo ein Restaurant gibt – zumindest nicht unter der Woche und schon gar nicht im Winter, denn dann ist nicht Saison.

Unter der Führung von Jayme haben wir dann die gefährlichen, wandernden Sandbänke des Itaparicakanals umschifft (diesmal ohne Zwischenfall) und sind nach Morro Sao Paulo gesegelt. Das liegt an der Nordspitze der nächsten Insel südlich, namens Tinhare und ist ein autofreier Touristenort, mit vielen Posadas, noch mehr Sandstrand und brasilianischer Lebensqualität. Dort ist zwar auch Nebensaison, aber man wenn man von Jaguaripe kommt, dann merkt man das nicht.

Auch dort waren wir ein paar Tage und haben unter Horst besucht, einen Bekannten von Michas brasilianischen Nachbarn, der dort die Pousada Natureza und einen kleinen Segelklub mit sportlichen Katamaranen betreibt.  Natürlich waren wir mit einem der Tornados in der Bucht unterwegs und hatten trotz schwachem Wind sehr viel Spaß damit!

Nach einem kurzen Abstecher zu dem Fischerdörfchen Garapua, wo wir eine etwas schauckelige Nacht verbracht haben, ging es dann wieder zurück nach Itaparica und Salvador, wo uns Sven verlassen musste. Der Arme war ganz traurig, dass sein Urlaub schon zu Ende ist. Hoffentlich kann er sich auf der spätsommerlichen Wies`n darüber hinweg trösten!

Alita ist schon geputzt und bereit für den nächsten Gast. Micha ist sich gerade noch einmal austoben gegangen - in dem Tanzstudio, das sie hier ausfindig gemacht hat – was mir Zeit gibt diesen Blogbeitrag zu schreiben. Morgen fahren wir ein letztes Mal nach Itaparica, bevor wir dann Montag Frank abholen.

Wenn wir dann Anfang nächster Woche Salvador verlassen, dann ist es wie immer genau zu dem Zeitpunkt, wo wir beginnen uns  ein wenig besser auszukennen. Wie schon vor drei Jahren, hat mir die Stadt und das Segelgebiet im größeren Umfeld sehr gut gefallen. Es gibt hier viele ruhige und schöne Ecken mit einsamen Stränden aus feinstem, weißen Sand.  Ein winziger Schönheitsfehler ist das Meer, das hier fast überall trübe ist, da die Wellen in den flachen Küstengewässern den Sand und die Strömung in dem Flussdeltas den Schlamm aufwirbeln.  

Von der großen Gefahr in der wir hier angeblich ständig schweben, haben wir nichts mitbekommen.  Wir sind weder bedroht noch belästigt worden. Ganz im Gegenteil. Wir treffen überall auf fröhliche, nette und sehr hilfsbereite Menschen. Hoffentlich bleibt es so.

2 Kommentare:

  1. Das klingt nach Abenteuer, viel Spaß und Entspannung! Es freut mich, dass ihr so eine schöne Zeit habt und ihr und Alita (bis auf das Bisschen Betonstaub an der Antenne) unter dem Stern der "Duselgötter" segelt. Weiter viele liebe Menschen wünsche ich euch!

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  2. Danke! Auch Dir viele gute Sterne im fernen China!

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