Samstag, 6. Oktober 2012

Unter Walen

Während unsere letzte Etappe ganz im Zeichen der Entspannung stand und sogar die letzten Nachwehen der Atlantiküberquerung vergessen gemacht hat, so waren die vergangenen zehn Tage nun wieder etwas aufregender.

Mit unserem neuen Gast Frank wollten wir es zunächst sanft angehen. Erst einmal eine kurze Etappe von Salvador nach Morro de Sao Paulo segeln und dort ein mit Horsts Tornado die Bucht unsicher machen. Aber schon auf dem Weg dorthin verschlechterte sich der Wetterbericht zusehends. Es kündigte sich eine der berüchtigten Südfronten an und damit die Wetterlage die den Süden von Brasilien so richtig ungemütlich machen kann.

Deswegen wollte ich den Besuch in Morro kurz machen, aber meine Mitsegler hatten sich schon so auf das Katsegeln gefreut, gleichzeitig stuften die Gribfiles die Windvorhersage herab, und zu guter Letzt wusste ein ortsansässiger Segler, dass die Südfronten praktisch nie so weit nach Norden kommen… und wenn doch, dann nur abgeschwächt und leicht abgelenkt, mit maximal 25 Knoten Wind aus SW.

Alles also halb so wild. Wir segelten schön Torando und brachen am nächsten Tag sehr früh auf, damit wir noch knapp vor der „abgeschwächten“ Südfront in den Schutz von Camamu kommen, wo wir mit Erkundungstouren in dem ausgedehnten Flussläufen die Schlechtwetterlage abwettern wollten.

Leider kam es ein wenig anders. Als wir gerade zwei Drittel des Weges zurückgelegt hatten, kam die dunkle Wand und dahinter wehte es mit 35 Knoten Wind aus Süd, in Böen bis zu 44 Knoten. Während ich noch auf die Tipps von ortsansässigen Experten schimpfte, versuchten wir unseren Plan zu retten und gegen das Wetter an zu kreuzen. Aber nach fast einer Stunde hatten wir erst wenige Meter Höhe gewonnen und es wurde immer schwerer, da die Wellen sich weiter aufbauten. Wir drehten also letztlich dem ganzen Mist den Rücken zu und schossen vor dem Wind zurück nach Morro – und da saßen wir dann drei Tage fest.

Frank war zwar von seiner Starkwinderfahrung ganz begeistert, aber leider geriet mein Zeitplan heftig durcheinander weil die Südwinde insgesamt fünf Tage anhielten. Wir lernten also die Gegend um Morro viel besser kennen, als uns lieb war - mussten dafür den Besuch im Flusslauf von Camamu und der freundlichen Stadt Ilheus auf eine Stippvisite verkürzen.

Trotzdem sind die Tage voller Highlights. Gestern hat unsere Angel Überstunden gemacht und uns zwei kleinere spanische Makrelen und eine stattliche Goldmakrele von knapp zehn Kilo geschenkt. Außerdem sehen wir seit einigen Tagen täglich Buckelwale. Die ersten Begegnungen waren eher schüchtern. Ganz weit entfernt, fast am Horizont sahen wir zunächst nur den Blas, die typischen Wolken aus Wasserdampf, die der Wal beim Ausatmen nach oben schießt. Das fanden wir damals schon sehr aufregend.

Seitdem kommen uns die Wale, die sich um diese Jahreszeit hier treffen um Nachwuchs zu zeugen, immer näher. Mit jeder Begegnung zeigen sie uns mehr - und wie immer, wenn Männer um Damen buhlen, verhalten sie sich höchst erstaunlich. Vielleicht versteht ihr was ich meine, wenn ihr euch verstellt, dass ein ausgewachsener Wal von 15 Meter Länge sich fast vollständig in die Luft erhebt und auf dem Rückweg in sein Element mit einem mächtigen Klatscher seitwärts aufschlägt. Bisher konnten wir das nur aus der Ferne sehen… und ich bin nicht sicher, ob ich es wirklich aus der Nähe sehen will!

Heute Nacht, auf unserer Fahrt nach Caravelas habe ich unten im Schiffsrumpf die Wale singen hören. Ich bin natürlich sofort nach oben um Micha zu warnen, die gerade auf Wache war. Wir sind ja derzeit fast ständig auf der Hut vor diesen busgroßen Tieren mit eingebautem Vorfahrtsrecht, aber dass sie sich mit Gesang ankündigen war uns neu. Sollte das vielleicht so eine Art Hupen sein? Gespannt schauten wir in die Nacht. Da hörten wir auch schon den ersten Blas, kurz gefolgt von einem zweiten und dann sahen wir den mächtigen Rücken des Tieres in nur 50 Meter Entfernung im Mondlicht und schon waren sie wieder weg. Bei aller Faszination für diese wunderbaren Tiere – ein bisschen gruselig sind die aus der Nähe aber schon.

Morgen fahren wir zu den Abrolhos Inseln und damit praktisch ins Schlafzimmer der Buckelwale. Ich hoffe wir sind dort willkommen und bin sicher, dass in der Fotogalerie demnächst wieder tolle Tierbilder von Micha auftauchen werden. Ein paar schicke Walbilder hat sie ja schon geschossen, aber die Highlights erwarte ich in den nächsten Tagen. Wir sind auf jeden Fall schon ganz aufgeregt.

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