Donnerstag, 18. September 2014

Das unerwünschte Christkind

„El Nino“ - das Kind - ist wieder im Anmarsch. Rein wissenschaftlich gesehen, ist "El Nino" ein periodisch wiederkehrendes, natürliches Phänomen in dem sich warmes Wasser aus dem südwestlichen Pazifik nach Osten verschiebt und an der südamerikanischen Küste Meeresbereiche erwärmt, die normalerweise Kaltwasser führen. In Ecuador führt das regelmäßig  zur Weihnachtszeit dazu, dass die Fischschwärme plötzlich aus den Gewässern abwandern und die Fischer monatelang mit leeren Händen nach Hause kommen. Sie beobachteten diesen Effekt zuerst und  gaben ihm den Namen.

Aber das ist nicht das einzige Problem, welches dieses unerwünschte Christkind mit sich bringt. Es verursacht im ganzen Pazifikraum extreme Wetterkapriolen. Während an manchen Stellen so viel Regen niedergeht, dass es zu katastrophalen Erdrutschen, Überschwemmungen, Epidemien und letztlich Hungersnöten führt, sorgt es an anderen Stellen für Trockenheit, Wasserknappheit  und damit zu Ernteausfällen und ebenfalls zu Hungersnöten.


Dazu kommt, dass in „El Nino“ Jahren die Anzahl der tropischen Wirbelstürme deutlich erhöht ist und auch ihre Zerstörungskraft zunimmt.  Es werden Bereiche betroffen, die normalerweise von Wirbelstürmen verschont bleiben, wie z.B. die östlichen Inseln von Französisch Polynesien. Außerdem führt "El Nino" zu massenhaftem Korallensterben, der sogenannten Korallenbleiche; überall dort, wo das Wasser zu warm für die empfindlichen Lebewesen wird.


Ende des letzten Jahrtausends, als man wegen einer besonders starken Episode von El Nino begann den Ursprüngen und Auswirkungen  dieses Phänomens auf den Grund zu gehen, wusste man noch sehr wenig darüber. Auch heute ist man nicht viel schlauer.
„El Nino“ ist wohl kein Produkt der menschlichen Umweltverschmutzung, sondern ein zyklischer und natürlicher Prozess, der dem Temperaturausgleich dieses riesigen Ozeans dient. Die Häufigkeit und Stärke des unerwünschten Christkindes ist aber sehr wohl von der globalen Erwärmung beeinflusst.

Zumindest gibt es inzwischen ein Vorhersagesystem, damit die Bevölkerung in den betroffenen Regionen sich schon ein paar Monate im voraus darüber klar sein kann, dass sie wieder mal tief in der Scheiße stecken. Die Wissenschaftler und ihre Computermodelle schlugen zu Beginn des Jahres Großalarm. Ende des Jahres  sollte uns ein extremer "El Nino" heimsuchen, weil in den letzten Jahren sehr viel Wärme und damit überschüssige Energie in den Tiefen des Pazifiks gespeichert wurde, die nun nach einer Entladung sucht.


Inzwischen gibt es teilweise Entwarnung, denn viele der Alarmwerte scheinen sich beruhigt zu haben. Der offizielle Bericht sagt derzeit, mit einer Wahrscheinlichkeit von Zweidrittel voraus, dass uns ein mittelmäßig starkes El Ninjo Jahr bevorsteht.


Hier in Tonga führt das Phänomen normalerweise zu Trockenheit und kalten Wintern und das ist bereits deutlich der Fall. Mit teilweise bis zu 14 Grad niedrigen Nachttemperaturen im zurückliegenden Winter, hatten die Menschen für hiesiges Empfinden nahezu sibirische Verhältnisse. Viel Schlimmer ist, dass es seit Monaten in großen Teilen des Landes  nicht mehr richtig geregnet hat. Wir befinden uns derzeit zwar in der örtlichen Trockenzeit, aber so trocken war es schon lange nicht mehr.


Landesweit  wird die Bevölkerung bereits dringend dazu aufgerufen, Wasser zu sparen. In den Niuas,  in Haapais und in Teilen von Tongatapu herrscht bereits akuter Notstand. Einige Urlaubsresorts haben geschlossen, weil die Gäste nicht mehr duschen können. Das mag sich lächerlich anhören, aber für die Menschen hier, deren Wirtschaft zu einem sehr großen Teil von den Touristen in den zwei Monaten der Walsaison abhängig sind, ist das eine kleine Katastrophe.


Die großen Katastrophen jedoch, massive Ernteausfälle und schwere Wirbelstürme diesen Sommer, die drohen noch. Auch im Paradies machen sich die Menschen Sorgen!

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