In den letzten paar Tagen war das Wetter perfekt für eine entspannte Segelreise in den Süden von Tonga. 4 Tage lang nur Sonnenschein und zwischen 10 und 15 Knoten Wind von querab - das sind traumhafte Bedingungen, die man nicht ungenutzt verstreichen lassen kann. Alita und ich wollten von Neiafu im Norden bis ganz unten nach Tongatapu in vier Tageslichtdistanzen - also mit drei lauschigen Nächten vor Anker.
Das Ganze hätte so schön relaxed sein können, wären da nicht die Buckelwale, die hier gerade die Macht übernommen haben. Man kann keine Minute entspannt segeln, ohne dass irgendwo ein brunftiges Männchen seine zig Tonnen Lebendgewicht aus dem Wasser katapultiert - Guck mal wie schön ich fliegen kann! - bevor er mit einem gewaltigen Platscher wieder ins Wasser donnert. Diese Arschbomben sind echt vom anderen Stern! Man kann die Fontäne über Meilen sehen. Oft halten die liebestollen Männchen das Boot für eine potentielle Walfreundin und kommen bedenklich Nahe, um die Lage abzuchecken, so dass man ständig Ausschau halten muss, ob sich nicht einer in den Weg wirft. Also wirklich liebe Walmänner! Alita ist ein hübsches Mädchen, aber so leicht ist sie nicht zu haben. Und man muss wirklich nicht so nah ran schwimmen, um seinen Fehler zu bemerken... ich sag nur Fielmann!
In der ersten Nacht vor Anker wurde ich dann tatsächlich nach Mitternacht unsanft geweckt, weil ein besonders gestörter Walmann mit dem Vorspiel begonnen hatte. Nur wenige Meter von Alita entfernt, schlug er unentwegt mit seiner langen Brustflosse aufs Wasser und atmete laut. Dass der Typ bei den Damen nicht so erfolgreich war und sich bei Dunkelheit an Segelboote ran schleichen muss, das wundert mich allerdings nicht. Der sollte mal seinen eigenen Atem riechen! Mit etwas Seetang regelmäßig in den Zahnzwischenräumen putzen, dann klappt's vielleicht auch mit den Artgenossinnen! Ich war jedenfalls echt besorgt, dass der richtig zur Sache geht. Da gerade kein Kondom in Walgröße bereit lag und bevor er mir noch was kaputt macht, beschloss ich ihn mit der Taschenlampe auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen. Bei Licht betrachtet wirkte Alita wohl nicht mehr so sexy, also hat er sich verzogen.
Ich kann den Frust der Männchen schon verstehen, weil so ziemlich alle weiblichen Wale mit Nachwuchs beschäftigt sind und sich nicht die Bohne für die Männchen und ihre Kapriolen interessieren. Die Mütter liegen die meiste Zeit bewegungslos im Wasser, damit ihr Kinder in Ruhe Walmilch säugen können und das ist das nächste Problem beim Segeln. Ganz anders als die Männchen, machen die Weibchen nämlich überhaupt keinen Rabatz und sind nur ganz schwer zu sehen: Schwarzer Wal treibt in dunkelblauem Wasser. Wenn da die Sonne etwas dumm steht und die Wellenkämme überall Walbuckel machen, kann man selbst so eine vollschlanke Dame leicht mal übersehen.
Also kontrolliert man voraus ständig nach Blas - das ist die Wasserdampfwolke, die mehrere Meter aus dem Wasser schießt, wenn ein Wal ausatmet. Die kleinen Wale können oder wollen die Luft noch nicht so lange anhalten, deswegen atmen sie auch immer wieder zwischendurch, während sie Walmilch trinken. So kann man sie rechtzeitig sehen und ausweichen - normalerweise. Aber manchmal sieht man sie erst recht spät und oft sind Walmutter und Kind so beschäftigt, dass auch sie das Segelboot nicht kommen hören. Einmal konnte ich erst recht spät reagieren und bin trotz Ausweichmanöver relativ nah (in dreißig Meter Entfernung) vorbeigesegelt. Das Kleine ist wohl erschrocken und statt weg von Alita zu schwimmen, kam es direkt auf uns zu - und was noch viel schlimmer war: die Mutter hinterher! Da hilft alles Ausweichen nicht, wenn die Biester Gas geben, dann sind sie innerhalb von wenigen Sekunden viel schneller als ein Segelboot. Der Tiefenmesser zeigte zwei Meter und achtzig an, also schwamm Mama-Wal zirka dreißig Zentimeter unter meinem ausgefahrenen Schwert durch - zum Glück gab es keine Berührung.
Dafür gab es vor Anker in der nächsten Nacht einen kleinen Rumms, als ich gerade schlafen gehen wollte. So als ob eine große Welle das Boot bewegt und die Ankerkette lautstark ruckt. Aber wir lagen ganz ruhig, keine Wellen und auch kaum Wind. Irgend so ein Blindfisch von Wal muss also gedankenverloren in die Ankerkette geschwommen sein. Als ich an Deck nach dem Rechten sah, hatte der Rabauke schon Fersengeld gegeben.
Für eine entspannte Fahrt bei wunderbaren Wetter, war es also ein klein wenig aufregend - aber Alita ist heil in Nuku Alofa angekommen und ich hab nur ein paar Nerven gelassen. Es war trotzdem eine wunderschöne Fahrt, die ich jederzeit wieder machen würde. Es freut mich, dass die Wale hier so zahlreich versammelt sind und es ist eindrucksvoll, wie sie ihren Urlaub hier verbringen. In der Antarktis beginnt wieder der Ernst des Lebens für sie - besonders jetzt, wo die Japaner wieder 'forschen' wollen.
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