Montag, 2. Februar 2015

Unter Fjorden

Geschafft! Endlich in Fjordland! Der Trip war echt mühselig, denn auch auf dem zweiten Teilstück war uns kein Wind vergönnt. Nachdem wir bereits drei Tage in Westport auf ein paar Beaufort gewartet hatten - die wir uns allerdings mit zahlreichen, schönen Ausflügen versüssten - bestand zuletzt die Aussicht auf ein wenig Wind, bevor der nächste Sturm drohte. Also brachen wir auf.
Kaum unterwegs änderte der Wetterbericht die Meinung und versagte uns jegliche Fortbewegung unter Segel. Also Dieselwind! Nach 24 Stunden Gebrumme hatte der Wind eine wenig Erbarmen und ließ sich in der letzten Nacht vor unserer Ankunft zu einer leichten Brise herab. Gleichzeitig riefen die neuseeländischen Behörden eine Sturmwarnung für unser Zielgebiet aus und es begann zu regnen.
Wir erwarteten also, dass der Wind von achtern (= nautisch hinten) zunehmen würde, waren wir nicht besorgt, denn aufs Heck ist Windstärke 8 nicht furchterregend - vor allem dann nicht, wenn das Gebläse noch frisch ist und keine Welle aufbauen konnte.
Doch statt zunehmendem Wind mussten wir erleben, wie er in den frühen Morgenstunden wieder so stark ablaute, so dass wir trotz des Sturmes in der Nachbarschaft (er tobte sich wohl einige Seemeilen weiter draußen auf dem offenen Meer aus) wieder unter Motor laufend unser Ziel erreichten.
Die nervigen Motormeilen waren bei der Ankunft schnell vergessen. Während der Anfahrt auf den Milford Sound klarte das Wetter wie bestellt auf und beleuchtete die atemberaubende Szenerie in ihrer einzigartigen Schönheit. Wir fuhren in eine enge Felsspalte, die fast wie ein Höhlengewölbe mit himmelblauer Decke wirkte, flankiert von felsigen Steilwänden, die majestätisch in den Himmel ragten und von oben grandiose Wasserkaskaden herunter plätschern lassen. Das erinnerte mich schwer an eine Filmkulisse aus dem "Herrn der Ringe" - nur die großen Statuen fehlten.
Der einzige Wermutstropfen des Milford Sounds ist, dass er mit dem Auto erreichbar ist. So ziemlich jeder der die Südinsel besucht, fährt dort vorbei - wen wundert es, bei soviel majestätischer Schönheit. Entsprechend hoch ist allerdings die Dichte an Ausflugsbooten. Wir haben bis zu sieben Dampfer gezählt, die dort gleichzeitig auf und ab fahren und an jedem der Wasserfälle verweilen.
Also kämpften wir uns durch die Rush Hour ins "Deep Water Basin", ein fast kreisrundes Becken am Ende des Fjords, das wie ein kleiner Bergsee wirkt. Von dort machten wir noch eine kleine Kajaktour den glasklaren Arthur River hinauf, bis uns ein Wasserfall die Weiterfahrt versperrte.
Als Micha das zweite Kajak, das sie zuvor an Land organisiert hatte, wieder zurück brachte, kam sie ins Gespräch mit einem Kiwi auf einem Motorboot, der ihr gleich einen fetten "Crayfish" (Languste) in die Hand drückte.
So bewahrheitete sich eine Prophezeihung unserer Cruiserfreunde. Sie hatten uns schon vorgewarnt, dass die Einheimischen den Besuchern hier unten statt einem Handschlag zur Begrüßung eine der beliebten Delikatessen in die Hand drücken würden. So gab es zum Abendessen Lobsterschwanz als Vorspeise und Thunfischsteaks als Hauptspeise - wir hatten nämlich unterwegs einen ansehnlichen 7kg Thun gefangen. Danach fielen wir gänzlich befriedigt und glücklich in einen tiefen Schlaf.
Am nächsten Morgen erwachten wir zu Sonnenschein in unserem friedlichen Bergsee und lichteten den Anker. Auf dem Weg aus dem Milford Sound hinaus begegneten wir der "Celebrity Solstice". Dieses über dreihundert Meter lange Cruiseship wollte auch noch eine kleine Runde in dem engen Fjord drehen.
Kaum aus dem Fjord hinaus verdunkelte sich der Himmel und es begann es in Strömen zu regnen - und kurz darauf auch zu gewittern. Das ist nun zwei Tage her. Inzwischen sind wir im George Sound; also drei Fjorde weiter südlich. In den zurückliegenden Stunden prasselte der ganze Regen auf einmal auf uns herunter, den wir uns in den letzten zwei Monaten aufgespart hatten.
Aber auch Starkregen bietet in Fjordland ein schönes Schauspiel. Immer wenn zwischen den windgetriebenen Regenschleier und mystischen Wolkenfetzen, die durch die Täler ziehen, mal der Blick öffnet, kann man einen neu gebildten Wasserfall bewundern, der neben den unzähligen anderen von den uns umgebenen Bergwänden herunter donnert. Außerdem reduziert der Regen die hungrigen Horden von Sandfliegen, die hier in Fjordland leider allgegenwärtig sind. Diese kleinen Biester sind auch der Grund, warum Fjordland trotz seiner Schönheit nicht in den Top Ten unserer Lieblingsreisegebiete landen wird.

----------
radio email processed by SailMail
for information see: http://www.sailmail.com

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen